Kompetenzverschiebungen und eine neue slowenische Kandidatin sollen das Team retten. Die die für den 22. Oktober geplante Wahl der neuen Kommission dürfte durch das Europaparlament aufgeschoben werden.
Brüssel. „Es besteht das Risiko“, gestand ein Sprecher des designierten Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker ein. Nach der Zurückweisung der slowenischen Kandidatin, Alenka Bratušek, durch das Europaparlament dürfte sich der für 1. November geplante Arbeitsbeginn der neuen EU-Kommission verzögern. Die klare Ablehnung der Slowenin durch zwei Ausschüsse des Parlaments macht eine Umstrukturierung der von Juncker und den einzelnen EU-Regierungen zusammengestellten Kommission unumgänglich. Bratušek trat am Donnerstag von ihrer Kandidatur zurück. Juncker würdigte ihren Entschluss: „Die Entscheidung spiegelt ihre Verantwortung für die EU, für Slowenien und den demokratischen Prozess wider.“
Der künftige Kommissionspräsident verhandelte daraufhin mit den Fraktionen des Europaparlaments und der slowenischen Regierung unter Premier Miro Cerar über einen Ausweg. Laibach kündigte die Nominierung eines Alternativkandidaten an. Dieser oder diese muss sich dann erneut einem Hearing im Europaparlament stellen. Noch war nicht klar, ob Sloweniens Kommissar weiterhin als Vizepräsident fungieren und für die Energieunion zuständig sein wird oder ein anderes Ressort erhält.
Um eine Neuverteilung der Aufgaben kommt Juncker sowieso nicht herum. Denn wie am Donnerstag bekannt wurde, hat er sich die Zustimmung der Parlamentarier für den ebenfalls umstrittenen spanischen Kandidaten, Miguel Arias Cañete, durch das Versprechen erkauft, dem Spanier ebenso wie dem Franzosen Pierre Moscovici einen Aufseher beiseitezustellen. Vizepräsident Frans Timmermans soll künftig als übergeordneter Kommissar für Cañetes Ressort, Energie und Klima, zuständig sein. Gleichzeitig wird dem umstrittenen ungarischen Kommissarskandidaten, Tibor Navracsics, ein Teil seiner Kompetenzen abgenommen.
Neue Hearings möglich
Noch ist offen, ob eine Neuverteilung der Aufgaben die Wiederholung einzelner Hearings bedingt. Jedenfalls dürfte die für 22. Oktober geplante Wahl der neuen Kommission durch das Europaparlament aufgeschoben werden. Die EU-Abgeordneten stimmen zwar in den jeweils zuständigen Ausschüssen über jeden Kandidaten einzeln ab. Formell können sie aber am Ende nur die gesamte Kommission bestellen oder ablehnen. Will Juncker diese Zustimmung, muss er also auf Forderungen der Europaabgeordneten zumindest teilweise eingehen. Die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner sieht denn auch noch vieles im Fluss. „Nix ist fix.“ Sie hält weitere Veränderungen für möglich. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2014)