Verkehr: Wo es bei Carsharing in Wien hapert

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit dem Einstieg eines neuen Anbieters werden künftig rund 1400 Autos in Wien geteilt. Experten sehen Luft nach oben – vor allem Außenbezirke sind deutlich unterversorgt.

Wien. Wien hat künftig noch mehr Autos zum Teilen. Denn das Car-sharing-Angebot wächst nun auf einen Schlag um 400 Autos: Am kommenden Freitag stellt der neue Anbieter, das von BMW und Sixt gegründete Unternehmen DriveNow, sein Angebot offiziell vor. Dann werden wienweit insgesamt rund 1400 Carsharing-Fahrzeuge unterwegs sein.

Auch wenn sich die derzeitigen Anbieter – Marktführer ist Car2go mit 800 Mercedes-Smart, die sich rund 75.000 aktive Kunden teilen – nach außen hin entspannt geben: Der Konkurrenzkampf, der in deutschen Städten herrscht, wird wohl auch Wien erreichen. Zumal DriveNow auf ein ähnliches Konzept setzt wie Car2go: Die Autos müssen nicht bei fixen Stellplätzen zurückgegeben werden, sondern können auf jedem freien Parkplatz im Einzugsgebiet geparkt werden. Die beiden anderen relevanten Anbieter in Wien – Flinkster und Zipcar – haben fixe Parkplätze.

Carsharing wird also immer größer – zufriedenstellend ist das Angebot aber noch nicht. Etwa, weil es sich stark auf die innerstädtischen Bezirke konzentriert: Dort also, wo das öffentliche Verkehrsnetz ohnehin dicht ist. Dabei „wäre das Carsharing-Angebot genau dort interessant, wo das öffentliche Verkehrsnetz nicht so dicht ist“, sagt Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Jenseits der Donau etwa hat Zipcar nur einige wenige Parkplätze. Und auch Car2go-Autos können nur in einem Einzugsgebiet zurückgegeben werden, das die Stadtrandbezirke nur teilweise umfasst.

In den innerstädtischen Bezirken wiederum, in denen sich die meisten Stellplätze für Carsharing befinden, ist man darüber nicht begeistert. Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou selbst hat wegen fixer Carsharing-Parkplätze mit den Bezirken verhandelt. Aber, so die Wiener Grünen-Chefin, nur einige wie etwa der siebente und achte Bezirk seien kooperativ gewesen und hätten die erforderlichen Parkplätze gewidmet.

„Es gibt viele Angelegenheiten, die auf Bezirksebene beschlossen werden müssen und sollen, aber wenn der Gemeinderat eine Carsharing-Strategie für das gesamte Wien beschließt, dann sollte diese nicht von einzelnen Bezirken ausgehebelt werden können. Da sollte der Gemeinderat das letzte Wort haben“, fordert Vassilakou erneut eine Reform der Kompetenzverteilung. Markus Rumelhart, Bezirksvorsteher von Mariahilf (SPÖ), begrüßt zwar das Konzept des Carsharings, aber: „In innerstädtischen Bezirken mit hohem Parkplatzdruck sind reservierte Parkplätze für Carsharing nicht optimal.“

Für einen Ausflug zu teuer

In seinem Bezirk sind von den rund 6000 Parkplätzen nur zwei für Carsharing reserviert. Veronika Mickel, Bezirksvorsteherin in der Josefstadt (ÖVP), sieht aufgrund der Parkplatznot die Möglichkeiten von Carsharing mit fünf Standorten (mit teils mehreren Parkplätzen) ausgeschöpft.

Nicht nur in der Stadt gibt es Probleme: Auch für Überlandfahrten ist Carsharing keine echte Alternative. Acht Euro zahlt man etwa für ein Zip-Car in der Stunde mit Versicherung und Benzin. Das wäre an sich nicht viel, wenn man mit dem Auto zwei Stunden in die Berge fährt, etwa um Wandern zu gehen. Nur muss ein Carsharing-Auto meist an dem Platz, an dem es abgeholt wurde, auch wieder zurückgebracht werden. Und damit zahlt man auch die Zeit, die das Auto herumsteht. Ein Wochenendausflug kostet damit bei Zip-Car 180 Euro (90 Euro am Tag). Da ist der Gedanke eines eigenen Autos auch nicht mehr allzu fern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2014)

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