Willkommen auf Neu-Balkonien

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Der nachträgliche Anbau von Balkonen soll dank einer Novelle der Bauordnung in Wien einfacher werden. Schwierig bleibt die Sache freilich noch immer.

Bricht die große Freiheit auf Balkonien an? Eine Novelle der Wiener Bauordnung – sie geht gerade in Begutachtung und soll im Herbst beschlossen werden – lockert die Regelungen für den Anbau von Balkonen an bestehende Häuser. Seit 1996 war es verboten, im dicht verbauten Gebiet Balkone zu errichten: Die Gefahr durch herunterfallende Gegenstände schien den Gesetzgebern zu groß. Nun sollen Wohnungen wieder einen – auch straßenseitigen – Balkon besitzen dürfen, sofern dieser über einer Grünfläche liegt und nicht oberhalb von Gehsteigen oder einer Straße. Besonders im ersten Bezirk ist diese neue Regelung von Relevanz.

Gang durch die Instanzen

Nichtsdestotrotz bleibt der nachträgliche Anbau eines Balkons meist eine mühsame Sache. Zum Beispiel, weil mit einigen Behördengängen zu rechnen ist. Mitreden wollen die MA 37, die Baupolizei, zusätzlich eine ihrer Abteilungen, die für die Statik zuständig ist, sowie die MA 19, verantwortlich für das Stadtbild. In der City kommt der Denkmalschutz dazu und – egal, wo in Wien – hat auch der Bezirk etwas dazu zu sagen.

Bis zu zwei Monaten kann es dauern, bis die Behördenwege absolviert sind, sagt Architekt Clemens Mayer, der mit dem Anwalt Lukas Aigner die Firma „Easybalkon“ gegründet hat, und sich auf den Anbau von Balkonen konzentriert. Außerdem braucht es einen Baumeister oder Architekten, der das Projekt plant sowie einen Statiker, der ein entsprechendes Gutachten für die Behörden erstellt.

Und nicht zuletzt wollen bei einer Eigentumsanlage auch alle anderen Wohnungsbesitzer um Zustimmung gefragt werden. „Für die Planungsphase und das Einholen der Genehmigungen sollte man rund ein Jahr veranschlagen“, so Architekt Karl-Heinz Schwarz.

Doch nicht nur der Papierkram ist aufwendig, auch die Kosten sind beachtlich. „Pro Quadratmeter Balkonfläche muss man mit zumindest 2000 Euro rechnen“, sagt Schwarz. Bei „Easybalkon“ gibt man die Preise mit 5000 Euro aufwärts pro Balkon an. Ein kleines Fleckchen Luxus unter freiem Himmel also für die Eigentümer; Vermieter können mit einem Balkon wahrscheinlich die Vermietbarkeit erhöhen, die (nicht geförderten) Errichtungskosten bringen sie aber lange nicht herein.

Die gute Nachricht: „Bautechnisch ist es so gut wie immer möglich, nachträglich einen Balkon zu errichten“, sagt Zivilingenieur Martin Haferl von Gmeiner Haferl Bauingenieure, „auch bei alter Bausubstanz, wie bei Gründerzeithäusern, gibt es Möglichkeiten, um statisch einwandfreie Balkone hinzuzufügen.“ Mayer, der eine Balkon-Typenstatik für Wiener Altbauhäuser erstellen ließ, bestätigt: „In 95 Prozent der Fälle sollte es funktionieren.“

Die Statik setzt Grenzen

Prinzipiell werden Balkone außen an das Mauerwerk angedübelt. Ist nicht genügend Haltbarkeit gegeben, kann man sich mit einer L-Konstruktion helfen – eine zusätzliche Stütze läuft entlang der Mauer nach unten. Ab und zu, wenn mehrere Balkone aufgezogen werden, werden diese auf Pfeilern Etage für Etage an das Haus angelehnt. „Manchmal sind aufgrund der Statik Grenzen gesetzt“, gibt Haferl zu bedenken. „Es kommt vor, dass ein Balkon nicht so tief – sprich so ausladend – gebaut werden kann, wie sich das die Errichter wünschen.“

Nicht vergessen sollte man, dass beim nachträglichen Anbau viele Professionisten beteiligt sein können. Vom Statiker, der das Gutachten erstellt, über die Arbeitskräfte, die den Bauteil montieren, „bis hin zum Baumeister, der die neue Balkontüre einsetzt und den Bodenleger, der das Parkett ergänzen muss“, schildert Mayer. Ein Punkt, den man ebenfalls berücksichtigen sollte: Nicht selten müssen Heizkörper versetzt werden. Zum Professionisten-Paket kommt also auch der Installateur hinzu ...

Beachten sollten Hausbesitzer auch, dass sich die neuen Balkontüren als Öffnungen in der Gebäudehülle negativ auf die statischen Berechnungen – etwa für einen späteren Dachbodenausbau – auswirken können. Was die Errichtung selbst betrifft, sind die Anbauten umso teurer, je höher oben sie sind. Werden Balkone im Innenhof errichtet, gibt es gerade bei Altbauten oft nur schmale Durchgänge, das Material muss dann per Hand hineingetragen werden und es gibt nur wenige, teure Lösungen, um mit Baukränen zu arbeiten. Wird andererseits gleich ein ganzes Zinshaus mit Balkonen ausgestattet, können positive Kosteneffekte eintreten.

Info und Links.

Bautechnisch ist es zumeist möglich, Balkone an bestehende Häuser anzubauen. Die Zustimmung der Miteigentümer, Behördenwege und der hohe Koordinationsaufwand können Projekte aber verzögern.■Webtipps
www.gmeiner-haferl.com
www.easybalkon.at
www.architekt-schwarz.com
www.wien.gv.at/
www.bauordnung.at/wien.htm

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2008)

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