Dachausbau: Geh' mir aus der Sonne!

(c) Gepa (Doris Schlagbauer)
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Recht. Was tun gegen einen unliebsamen Dachausbau in der Nachbarschaft? Infos & Tipps.

Nachbarn sind die Prüfungsaufgaben, die uns das Leben stellt“, sagte einst der französische Dramatiker Marcel Achard. Besonders hart kann die Prüfung dann ausfallen, wenn in der Nachbarschaft das Dach ausgebaut und aufgestockt wird. Weg ist die schöne Aussicht von der eigenen Terrasse, fort die Nachmittagssonne aus dem Wohnzimmer. Kann man etwas dagegen unternehmen? Und wer ist überhaupt dazu berechtigt?
•Wer ist ein Nachbar? In der Wiener Bauordnung gelten all jene Liegenschaften als benachbart, „die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben“, erklärt Alexander Stolitzka, Partner der Kanzlei Lambert Eversheds, die rechtliche Situation. Auch wenn Grundstreifen (bis zu sechs Meter Breite) oder öffentliche Verkehrsflächen (20 Meter Breite) zwischen den einzelnen Immobilien liegen, gilt man als Nachbar.
•Wann darf man mitreden? Nachbarn haben in Sachen Dachausbau (und auch bei anderen Erweiterungsplänen) dann ein Wörtchen mitzureden, wenn die „subjektiv-öffentlichen“ Nachbarrechte betroffen sind. Darunter fallen etwa „Änderungen der Gebäudehöhe, des Abstands zu den Grundstücksgrenzen, Fluchtlinien“, zählt Markus Bulgarini, Partner bei der Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH, auf.

Sind derartige Änderungen geplant, sind die Nachbarn von der Baupolizei – rechtzeitig mittels Informationszetteln – zu informieren und zum Baubewilligungsverfahren einzuladen. Dieses Recht gilt übrigens nur für (Mit)Eigentümer, Mieter sind davon ausgenommen.
•Wie sollte man vorgehen? „Auf alle Fälle schon im Vorfeld der Verhandlung Akteneinsicht bei der Baupolizei nehmen“, empfiehlt Bulgarini. „Und am besten die Pläne von einem Experten – Architekten, Rechtsanwalt – begutachten lassen.“

Nach Ansicht der Fachleute sollte man sich unbedingt auf die „subjektiv-öffentlichen“ Nachbarrechte berufen können, alle anderen Gründe („mir gefällt die Architektur nicht“) seien wenig aussichtsreich. „Und spätestens bei der Bauverhandlung muss man dann seinen Einwand vorbringen“, sagt Stolitzka. „Sinnvoll ist es allerdings, schon davor schriftlich Stellung zu nehmen. Dann kann der Einwand schon in die Verhandlung einbezogen werden.“ Hilfreich sei es auch, weitere betroffene Nachbarn ins Boot zu holen, auch Gespräche mit Vertretern des Bezirkes können ratsam sein.
•Wie stehen die Chancen? „Gut beispielsweise dann, wenn der Bauherr ohnehin schon den Paragrafen 69 der Wiener Bauordnung auszureizen versucht. Dieser regelt ,unwesentliche Abweichungen von den Bebauungsbestimmungen‘“, sagt Bulgarini.
•Auf den Nachbarn „vergessen“?
Kann ein Nachbar nachweisen, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, seine Einwände vorzubringen, kann er dies auch noch nach der Bauverhandlung tun. „Und zwar bis maximal drei Monate nach Baubeginn“, erklärt Bulgarini. Allerdings gilt: Der Nachbar hat ab dem Zeitpunkt, an dem er vom Ausbau erfährt, nur zwei Wochen Zeit, seine Einwände zu deponieren.

Lesen Sie auf Seite I 2: Was tun gegen unliebsame Handymasten auf dem Grundstück.

AUF EINEN BLICK

Einwände gegen geplante Dachaufstockungen können Nachbarn (wenn sie Eigentümer sind) vor allem dann einbringen, wenn ihre „subjektiv-öffentlichen“ Nachbarrechte betroffen sind. Darunter fallen etwa Änderungen der Gebäudehöhe oder Fluchtlinien.

Webtipp: Diverse Bauordnungen der Länder sind unter www.bauordnung.at nachzulesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2008)

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