Passivhäuser: Neue Trends und alte Fragen

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Bauherren haben heute mehr Auswahl bei Produkten, Experten und Stilen.

Dürfen Sie die Fenster aufmachen? Einen Zusatzofen aufstellen? Und der Energieverbrauch – ist das wirklich pro Jahr oder doch pro Monat?“ Die Fragen, die die Besucher ihren Gastgebern bei den „Tagen des Passivhauses“ stellen, sind seit 2004 beinahe die gleichen. Die Bewohner der rund 160 Häuser, die bis einschließlich diesen Sonntag interessierten Mitmenschen im Rahmen der fünften Veranstaltung dieser Art die Türen öffnen, wissen also, worauf sie sich einstellen können.

Mehr Produkte, mehr Experten

Geändert hat sich seit Ende der 90er-Jahre, als die ersten passiven Pionierbauten entstanden, allerdings so manch anderes. Damals waren entsprechende Fenster, Komfortlüftungsgeräte oder Fachleute, die mit diesen Komponenten auch umgehen konnten, Mangelware, erinnert sich Heinz Plöderl vom Büro PAUAT Architekten, der vor zehn Jahren sein erstes Passivhaus plante und baute: „Das war alles komplettes Neuland.“

Heute steht den Passivhaus-Bauherren eine viel größere Bandbreite an Produkten und Experten zur Verfügung, sagt IG-Passivhaus-Geschäftsführer Günter Lang. „Das ist natürlich begrüßenswert“, betont der Experte. Allerdings gebe es auch unerwünschte Nebenwirkungen, da mittlerweile „Trittbrettfahrer“ auf den Passivhaus-Zug aufspringen. Der Bauherr sei dadurch anderweitig als früher gefordert. „Nun muss er sorgfältig nach erfahrenen Fachleuten suchen, nach Referenzprojekten fragen.“

Auch Architekt Thomas Abendroth empfiehlt: „Achtung bei der Auswahl der Handwerker, denn die Gebäude sind sehr komplex. Es werden die verschiedensten Aspekte durchgerechnet, simuliert und optimiert, damit die Werte stimmen.“ So sei beispielsweise der Elektriker gerade beim Passivhaus sehr wichtig, „da er permanent an der luftdichten Gebäudehülle arbeitet.“

Mehr Auswahl haben die heutigen und künftigen Bauherren auch in einer anderen Hinsicht: Architektonisch sind beim Passivhaus kaum noch Grenzen gesetzt. Als immer gleich aussehende „Schachteln“ waren Passivhäuser anfangs verrufen, heute kann man von Vorarlberg bis ins Burgenland die verschiedensten Gestaltungsmöglichkeiten bewundern. „Wir zeigen heuer ganz bewusst ein Haus mit Satteldach, damit die Leute sehen, dass vieles möglich ist“, sagt Günter Lang über die „Tage des Passivhauses“.

Plöderl ist es ebenfalls wichtig zu zeigen, welche architektonischen Elemente bei Passivhäusern bereits eingesetzt werden können: „Wir versuchen, wider die Klischees zu gehen. Zu beweisen, dass die angenommenen Musts gar keine sind.“ So plante er bei einem Passivhaus große Auskragungen (siehe Bild oben) ein. Außerdem ist es heute auch möglich, in verschiedensten Bauweisen zu planen, sei es aus Holz, massiv oder bunt gemischt.

Auf mit den Fenstern!

Dass noch viele Passivhäuser in Österreich entstehen werden, darüber sind sich die Experten einig. Nicht zuletzt die Förderrichtlinien der Länder sorgen dabei für einen „gewissen Lenkungseffekt“, wie Lang meint. Und mittlerweile entstehen auch nicht nur Einfamilienhäuser, sondern auch andere Immobilien nach Passivhausstandards. So können die Besucher der „Tage des Passivhauses“ auch sanierte Gebäude, Kindergärten, Fabriken, Büros, Studentenheime und Wohnbauten begutachten. Und erfahren: Ja, man darf die Fenster öffnen. Es ist auch kein Problem, einen Zusatzofen einzubauen. Und Energieverbrauch und Heizwärmebedarf sind tatsächlich so niedrig. Aufs Jahr gerechnet.

TIPPS UND LINKS

Zahlen:Mit Ende 2008 werden laut IG Passivhaus 25.000 Österreicher in über 4000 Passivhäusern wohnen.

Event: Tage des Passivhauses noch bis 9. November, Details unter www.igpassivhaus.at

Broschüre: „Wohnen im Passivhaus“, www.wohnservice-wien.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2008)

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