Dem Bauherren auf den Leib geschneidert

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Architektenhäuser: Ihre Planung – und ihre Chancen beim Wiederverkauf.

Sie sitzen wie angegossen, zwicken nirgendwo, beulen sich andernorts auch nicht unschön aus. So verhält es sich mit maßgeschneiderten Kleidungsstücken – und mit Häusern, die ihren Bewohnern von Architekten auf den Leib geplant wurden. Sie orientieren sich an den Wohnwünschen der Bauherren, ihren Hobbys und den ästhetischen Ansprüchen. Doch wie die maßgeschneiderte Hose steht ein solches Haus nicht jedermann.

Vintage-Häuser

Aber während man das Beinkleid einfach weggeben oder entsorgen kann, wenn es nicht mehr passt, macht einem die Wiederverwertung eines Hauses mehr Probleme. Wem gefällt das Objekt so gut wie mir? Und wer ist bereit, auch adäquat dafür zu bezahlen? Diese Fragen stellen sich den Bauherren, wenn sie sich aus finanziellen oder persönlichen Gründen von ihrem Haute-Couture-Domizil trennen müssen. Für Makler ist es ebenfalls häufig kein Leichtes, solche Immobilien wieder an den Mann zu bringen. Vor allem, wenn das Haus für einen Bauherren mit sehr speziellem Geschmack geschneidert wurde. „Reine Betonbauten mit Fenstern wie Schießscharten sind einfach nicht jedermanns Sache“, sagt dazu Gabi Spiegelfeld vom gleichnamigen Immobilienbüro. Allzu Modernes, Zeitgeistiges ist ihrer Meinung nach sehr schwer wiederzuverwerten, da dies viele potenzielle Interessenten von vornherein ausschließe. Luxusimmobilienmakler Eggert Koch sieht es ähnlich. „Extrem Ausgefallenes zu verkaufen ist schwierig.“ Habe der Planer allerdings einen guten Namen, könne die Bezeichnung „Architektenhaus“ sehr hilfreich sein. Was den Wiederverkaufswert außerdem erhöht: „Zeitlose Gestaltung, hochwertige, neutrale Materialien und eine barrierefreie Ausführung“, sagt Spiegelfeld.

Architektonische Qualität

Dass das individuelle Haus nicht so leicht veräußert werden kann, sagen auch Architekten. Paul Richter etwa hat bereits an die 50 Villen in Wien und Umgebung geplant und weiß: „Maßgeschneidert ist in dieser Hinsicht immer kontraproduktiv. Das Durchschnittshaus geht sicher leichter weg.“ Andererseits aber hilft eine architektonisch durchdachte, hochwertige Lösung, gestalterische Qualität zu schaffen. Und diese sei sehr wohl gefragt.

So hebt Martin Mittermair beispielsweise hervor, dass ein vom Architekten geplantes Haus viel mehr Bezug auf seine Umgebung nehmen könne als ein Fertighaus. „Man bezieht die Beschaffenheit des Grundstücks, seine Ausrichtung, den Ausblick in die Planung mit ein. So kann man, wenn man den Ort richtig liest, das Besondere daran verstärken.“

Auch die Gestaltung optimaler Lichtverhältnisse in den einzelnen Räumen ist für Architekt Mittermair ein wesentlicher Aspekt, der in einem eigens geplanten Haus viel besser und einfacher umzusetzen sei.

Für Richter ist das Licht ebenfalls ein essenzieller Punkt, „eines der Dinge, die zwar banal erscheinen, aber sehr wichtig sind.“ So ist es für ihn eine Selbstverständlichkeit, dass man beim Eingang eines Hauses nie ins Dunkle blickt, sondern immer von Helligkeit empfangen wird, am besten mit einer Aussicht ins Freie. Das gilt auch dann, wenn der Hauseingang sechs Meter unter der Erdoberfläche liegt, wie bei einem von ihm entworfenen Domizil in steiler Hanglage. In diesem Fall „wurde ein Lichtbrunnen realisiert, der die Helligkeit von oben nach unten holt“, erzählt Richter.

Wie beim Schachspiel

Ein weiterer Grundsatz des Architekten: „Die Häuser von innen nach außen bauen, nie umgekehrt“. Das bedeute, zuerst an den Grundrissen zu tüfteln: „Das ist wie beim Schachspiel“, so Richter, der sich bei seiner Arbeit am Gestaltungsleitsatz „form follows function“ orientiert. Dies ist seiner Meinung nach auch ein Grund, warum sich nur wenige „seiner“ Häuser ähneln.

Für die beiden – und viele andere – Experten ist klar, dass sie sich nach den Wünschen der Auftraggeber, der Bauherren richten. Das Bild vom Architekten, der sich beim Haus, bei der Villa vor allem selbst verwirkliche, sei ein Klischee, meint Richter. Allerdings eines, „das teilweise noch zutreffe. So mancher Klient hat Befürchtungen, dass der Planer vor allem seinen Vorstellungen nachgeht.“

Hausaufgaben für Bauherren

Damit die Bauherren ihre eigenen Vorstellungen auch tatsächlich verwirklicht bekommen, muss der Architekt allerdings manchmal nachhelfen. Martin Mittermair etwa gibt seinen Kunden hin und wieder „Hausaufgaben“ auf. Bemerkt er, dass die Bauherren sich über ihre Wohnwünsche noch nicht im Klaren sind, stellt er ihnen fünf bis zehn Fragen, die sie in Ruhe für sich beantworten sollen. Etwa: Was haben Sie sich für Ihr Haus schon immer erträumt?

Gut gebaut

Egal, ob nun der Schuhraum, die Bibliothek oder die Garage für die Oldtimer auf der Wunschliste ganz oben stehen: Neben den Soft Facts sehen die Architekten auch einige harte Kriterien, die die Qualität eines Hauses – und damit den Wert – auch bei einem Wiederverkauf mitbestimmen. Dazu zählen, so Mittermair, die Wahl langlebiger Materialien, eine gute Konstruktion, bautechnisch perfekt ausgeführt. Und – auch im gehobenen Segment mittlerweile ein großes Thema: das Energie- und Kostenbewusstsein.

Keine Energieschleudern

Dass Energieeffizienz den Auftraggebern wichtig ist, bemerkt auch Richter. So sorgen Wärmepumpen in vielen seiner – in den vergangenen Jahren erbauten – Häuser für angenehme Temperaturen.

Hin und wieder aber werden ökologische und ökonomische Überlegungen hintangestellt – und Entscheidungen zugunsten des äußeren Erscheinungsbildes getroffen. So hätte Richter schon ab und zu angeregt, eine Solaranlage zu installieren, die etwa den Außenpool wohlig warm halten könnte. Allerdings: „Oft möchte man sich dann den Anblick des Hauses nicht durch technisches Gerät auf dem Dach stören lassen.“

AUF EINEN BLICK

Architektenhäuser – was beim Wiederverkauf der Objekte hilft: der gute Name des Architekten, zeitlose Gestaltung, hochwertige, aber neutrale Materialien, barrierefreie Ausführung sowie eine energieeffiziente Errichtung.

Was den Wert drückt: eine zu spezielle architektonische Gestaltung, die als allzu modern oder zeitgeistig empfunden wird, Grundrisse, die auf besonders ausgefallene Wohnwünsche des Bewohners ausgerichtet sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2008)

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