Vom Architekten, nicht mehr von der Stange

(c) Hartl Haus
  • Drucken

Trend: Einzelstücke statt Massenware.

Entweder hochwertige Häuser oder tiefe Preise: In der Fertighausbranche ist derzeit ein Trend weg von der Mittelklasse zu bemerken. „Und zwar europaweit“, sagt Christian Murhammer, Geschäftsführer des Österreichischen Fertighausverbandes. Die Entwicklung sei unerwartet gekommen, schließlich habe das mittlere Segment – die belagsfertige Ausbauvariante – lange bis an die 65 Prozent der Verkäufe ausgemacht. Nun entscheidet sich der eine Teil der Kunden für mehr – für mehr Architektur, Design, Technik und Service. Der andere für weniger: für geringere Leistungsumfänge, um vieles selber zu machen oder ausführen zu lassen.

Der Trend ins hochwertige Segment freut jene Anbieter, die dafür gerüstet sind, auf die Wünsche der Bauherren einzugehen. Denn wer ordentlich Geld in die Hand nimmt, will es nicht in ein Haus investieren, das genauso drei Straßen weiter steht. „Heutzutage holt man sich im Musterhauspark zumeist nur Anregungen“, sagt Murhammer. Seiner Einschätzung nach hätten sich die Unternehmen auf diese Anforderungen eingestellt. „Es gibt ein Umdenken. Es reicht nicht aus, Haustypen vom Fließband zu produzieren. Nun gehe es vielmehr darum, dem Kunden ein Haus nach seinen Wünschen zu planen, das dann aus industriell (vor-)gefertigten Elementen errichtet wird.

Architekten planen Häuser

Fertighausproduzenten reagieren auf diesen Trend zu mehr Individualität und Design. Bei GriffnerHaus etwa gibt es ab Jänner kommenden Jahres die Schiene „GriffnerArchitects“. Die Idee dahinter: Damit können Kunden mit Architekten, die für das Unternehmen arbeiten, ihr Haus planen. Oder ihren eigenen Experten mitbringen. „Außerdem soll der Bereich auch eine Anlaufstelle für Architekten sein, deren Einfamilienhausentwurf Griffner als Generalunternehmer umsetzen soll“, sagt Thomas Lenzinger, CEO des Unternehmens. An potenziellen Kunden werde es nicht mangeln, ergänzt Marketingleiterin Bettina Walten. Schon jetzt seien an die zehn Prozent der Aufträge von Privaten solche individuellen Bauten. Weiters gefragt bei der kaufkräftigen Klientel: Gesamtlösungen, die nicht nur die Installation der Haustechnik und den Bau des Pools umfassen, sondern auch das Interieur abdecken. Kooperationen mit Möbelfertigungsfirmen sind geplant, so Lenzinger. Andere Produzenten bieten ebenfalls Bauten abseits des Typenhauses. So setzt man etwa bei Hartl-Haus stark auf diese Schiene. „Es ist bei uns möglich, Häuser nach eigenen Skizzen, Entwürfen oder nach Plänen eines Architekten zu bauen“, sagt die Marketingverantwortliche Simone Fröschl. Künftig möchte man auch verstärkt Architekten ansprechen, „hier ist großes Potenzial vorhanden“.

Architektur und Fertighaus schließen einander eben nicht mehr aus, sagt Murhammer. Für ihn ein aktueller Beweis: die Vergabe des Kärntner Landesbaupreises diese Woche an das Technikzentrum der Holzbauwerke Roth, ein Bürogebäude aus jüngst entwickelten Massivholz-Wandelementen mit Zellulosedämmung, die mittlerweile auch beim Bau der Wigo-Fertighäuser eingesetzt werden.

Doch nicht nur Architektur und Design beschäftigen die Branche, Neues – und eine weitere Auszeichnung – gibt es auch in ökologischer Hinsicht.

Fotovoltaik integrieren

Mitte November erhielt ein Projekt des Fertighausverbandes, der Holzforschung Austria und der ertex-solar GmbH den dritten Preis beim Tecnet-Wettbewerb für intelligentes Bauen. Prämiert wurde ein System für gebäudeintegrierte Fotovoltaik, das es möglich machen soll, Fertighauselemente bereits ab Werk mit Solarenergiemodulen auszustatten. „Das kann die Kosten reduzieren und dabei helfen, die Lösungen architektonisch ansprechender zu gestalten“, sagt Christian Murhammer. Übrigens: Auch der zweite Preis des Tecnet-Wettbewerbs ist in der Fertighausbranche angesiedelt. Ein „Smart Home“, das in den kommenden Jahren von den Austrian Research Centers, der Moeller Gebäudeautomation GmbH und Wolf Systembau entwickelt wird, soll die Häuser der Zukunft sicherer machen.

AUF EINEN BLICK

Entwicklungen: In der Fertighausbranche beobachtet man einen Trend weg von der Mittelklasse. Kunden fragen verstärkt nach günstigen, weniger ausgebauten Häusern beziehungsweise nach hochwertigen Angeboten.

Architektur & Design: Die Zahl der individuell für Konsumenten gebauten Häuser nimmt zu. Pläne werden von Firmen oder Architekten entworfen und dann in Fertigbauweise umgesetzt.

Ökologie: Die Standardisierung von Lösungen (etwa die Integration von Fotovoltaikanlagen in Fertigteilelemente) soll dabei helfen, derartige Maßnahmen einfacher und kostengünstiger anzubieten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.