Die Beziehungen zwischen den Atommächten Indien und Pakistan sind nach dem angeblichen Zwischenfall im Luftraum über dem pakistanischen Teil Kaschmirs am Wochenende äußerst angespannt.
ISLAMABAD/DELHI (ag.). Die Beziehungen zwischen den Atommächten Indien und Pakistan sind nach dem angeblichen Zwischenfall im Luftraum über dem pakistanischen Teil Kaschmirs am Wochenende äußerst angespannt: Die indische Luftwaffe wies am Sonntag Behauptungen Pakistans zurück, ein Kampfflugzeug sei in den Luftraum Pakistans eingedrungen. Freilich bemühte sich ein Sprecher der pakistanischen Regierung, die Wogen zu glätten: Der Vorfall sei wohl durch einen technischen Defekt verursacht worden.
Der pakistanische Nachrichtensender Geo-TV hatte am Samstag gemeldet, mindestens ein indisches Flugzeug sei über Kaschmir aufgetaucht, daraufhin seien pakistanische Jäger aufgestiegen und hätten den Eindringling über die Grenze abgedrängt. Die Inder seien bewaffnet gewesen, Pakistans Premier Yousaf Gilani sei über die Aktion informiert worden.
Viertgrößte Luftwaffe der Welt
„Wir haben nicht einmal eine Beschwerde von den Pakistani erhalten“, hieß es dennoch seitens der mächtigen Luftwaffe Indiens: Das Land hat mit mehr als 1300 Kampfflugzeugen die viertgrößte Luftwaffe der Welt. Indische Piloten deklassieren seit Jahren ihre US-Gegenüber bei freundschaftlichen Bewerben im Luftnahkampf, wobei Indien vor allem Typen aus Frankreich (etwa „Mirage-2000“), Russland (Su-30 „Flanker“) und den selbst gebauten Jagdbomber „Tejas“ nützt. Die Luftstreitkräfte Pakistans sind mit etwa 550 Kampfjets (etwa der französischen „Mirage-III“, der amerikanischen F-16 und Kooperationsprojekten mit China wie der JF-17 „Thunder“) klar unterlegen.
Die Luftkrise kommt zu einer Zeit, da Indien nach den Anschlägen in Mumbai (Bombay) Ende November, bei denen mehr als 170 Menschen starben, Pakistan politisch massiv in die Mangel nimmt – die Attentäter waren in Pakistan ausgebildet worden; Pakistans Polizei nahm erst vor kurzem Drahtzieher der Anschläge fest.
Briten-Premier mahnt Islamabad
Am Wochenende verstärkte auch der britische Premier Gordon Brown den Druck auf Islamabad, härter gegen Extremisten vorzugehen: Pakistan habe wegen der Verstrickung seiner Bürger in internationalen Terror „eine Menge Fragen zu beantworten“, meinte Brown, der aber auch ein Hilfspaket im Wert von gut sieben Millionen Euro zur Verbesserung der Fahndungsmethoden mitbrachte.
Seit ihrer Entlassung aus britischer Herrschaft 1947 führten Indien und Pakistan vier große Kriege miteinander, dazu kommen viele kleine Scharmützel. Da beide Atomwaffen haben, gewinnt die Lage bei Krisen an Brisanz. Zudem gibt es Bedenken, wie zuverlässig die pakistanischen Nuklearstreitkräfte sind – und ob nicht Teile von ihnen unter die Kontrolle von Terroristen gelangen könnten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2008)