Der Gasstreit zwischen Moskau und Kiew ist offenbar beigelegt. Die beteiligten Konzerne sollen einen Vertrag ausarbeiten. Bereits am Montag will Russland seine Lieferungen wieder in vollem Umfang aufnehmen.
Russland und die Ukraine haben allem Anschein nach ihren Gas-Streit beigelegt, der Europa-weit zu massiven Lieferausfällen geführt hat. Damit könne auch bald wieder russisches Gas über die Ukraine nach Europa strömen, teilten der russische Regierungschef Wladimir Putin und seine ukrainische Amtskollegin Julia Timoschenko nach stundenlangen Verhandlungen in Moskau in der Nacht auf Sonntag mit. Timoschenko erklärte, die beteiligten Gaskonzerne sollten bis Montag entsprechende Einigungen aufsetzen.
Die Ukraine erklärte sich den Angaben zufolge bereit, ab 2010 den in Europa üblichen Marktpreis zu bezahlen. Für dieses Jahr solle sie allerdings einen Nachlass von 20 Prozent erhalten, hieß es. Dafür verzichte sie im Gegenzug auf eine Anhebung der Transitgebühren für die russischen Gasexporte.
Ein russischer Regierungssprecher sagte, Putin und Timoschenko hätten die beiden staatlich kontrollierten Gaskonzerne, Gazprom für Russland und Naftogaz für die Ukraine, angewiesen, einen entsprechenden Vertrag auszuarbeiten. Bereits am Montag wolle Russland seine Lieferungen wieder in vollem Umfang aufnehmen, teilte Putin mit.
Unklar war, ob auch Timoschenkos innenpolitischer Rivale Präsident Viktor Juschtschenko die Einigung respektieren würde. Im vergangenen Jahr hatte Timoschenko schon einmal ein Gasabkommen mit Putin in Moskau ausgehandelt, gegen das Juschtschenko direkt nach ihrer Rückkehr nach Kiew sein Veto einlegte. Aus Kreisen des ukrainischen Präsidialamtes hieß es allerdings, dass Timoschenko das uneingeschränkte Verhandlungsmandat besitze. Dies werde von Juschtschenko nicht infrage gestellt. Gazprom hatte zuletzt mit 450 Dollar je 1000 Kubikmeter einen mehr als doppelt so hohen Gaspreis gefordert. Die in einer schweren Rezession steckende Ukraine hatte erklärt, sie könne nur eine Erhöhung auf 201 Dollar von 179,50 Dollar im Jahr 2007 bezahlen.
Zum Auftakt des Gasgipfels im Kreml hatte Russlands Präsident Dmitri Medwedew einen "internationalen Mechanismus" für den Gastransit nach Europa gefordert, um derartige Konflikte in Zukunft zu verhindern. An dem Treffen nahmen EU-Energiekommissar Andris Piebalgs sowie Vertreter Weißrusslands, der Türkei, Serbiens, Kasachstans und anderer Länder teil. In den vergangenen Tagen hatte Moskau verstärkt darauf gedrängt, den Gas-Streit mit Kiew im internationalen Rahmen zu lösen.
Die EU hatte zuletzt zunehmend ungehalten auf den Gas-Streit reagiert. Der amtierende EU-Ratspräsident und tschechische Premier Mirek Topolanek sagte, die Geduld der europäischen Länder sei "erschöpft". Die EU-Kommission forderte Russland und die Ukraine auf, ihren Gasstreit spätestens bis Ende der Woche beizulegen. Das Treffen in Moskau sei für beide Länder "die letzte und beste Möglichkeit, ihre Verlässlichkeit als Handelspartner zu demonstrieren", sagte ein Kommissionssprecher.
Russland hatte vor mehr als einer Woche seine Gaslieferungen nach Europa über ukrainische Leitungen gestoppt. Auch Österreich erhielt in der Folge kein russisches Erdgas mehr. Die Wiederaufnahme der Lieferungen scheiterte mehrfach, die Verantwortung dafür schieben sich die Ukraine und Russland gegenseitig zu.
(Ag.)