Der Kardinal will innerkirchliche Wogen glätten. Bischof Kapellari rief in einem Hirtenbrief zur Einheit auf und warnte vor „Schwarz-Weiß-Malereien“. Der Papst sei „oft missverstanden worden“.
WIEN (chs/red.). Auch er brauche in diesen Tagen ein Wort „des Trostes und der Ermutigung“, auch ihm gehe es „wie vielen“ zurzeit nicht gut. Angesichts der aktuellen Ereignisse, die die katholische Kirche in die Krise treiben, findet nun Wiens Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn klare Worte. „Wieder einmal gibt es Vorgänge, die Kopfschütteln, Trauer, Empörung und Unverständnis auslösen“, schreibt Schönborn in der aktuellen Ausgabe von „thema kirche“, dem Mitarbeitermagazin der Wiener Erzdiözese. „Wieder einmal steht die Kirche als die Dumme da, und wir mit ihr.“
In seinem Leitartikel setzt sich Schönborn damit erstmals überraschend kritisch mit der Bestellung des umstrittenen Pfarrers Gerhard Maria Wagner zum Linzer Weihbischof auseinander. Er spricht von einem „Wirbel“ um die Ernennung Wagners. Dadurch könne das Gefühl entstehen, es seien „Hopfen und Malz verloren“.
Direkte Kritik an der Entscheidung von Papst Benedikt XVI. für Wagner wagt Schönborn nicht. Aber: „Natürlich machen wir Menschen in der Kirche Fehler. Selbst der Papst macht Fehler.“ Bisher hatte Schönborn Wagner stets verteidigt. Dieser war aber zuletzt ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Erst vor wenigen Tagen erregte er den Ärger heimischer Homosexuellen-Initiativen, als er in einem Interview erklärte, dass Homosexualität „heilbar“ sei.
Zu einem internen Aufstand gegen Wagner kam es am Dienstag in der Diözese Linz bei einem Treffen der Dechanten (Vorsteher der Priesterschaft mehrerer Pfarreien). 31 Geistliche erklärten, die Bestellung Gerhard Wagners zum Weihbischof nicht zu akzeptieren. Nur vier Dechanten stellten sich hinter die Papst-Entscheidung.
Für das, „was sich derzeit im deutschen Sprachraum abspielt“, zeigt Schönborn generell wenig Verständnis: Die Kritik, die Papst Benedikt aus den Medien entgegenschlage, sei nicht sachlich, sondern „zum Teil blanker Hass und Hohn“. Die Affäre um den rehabilitierten Holocaust-Leugner Richard Williamson (von dem sich sogar der Generalobere der umstrittenen Piusbruderschaft, Bernard Fellay, im Interview mit dem „Spiegel“ distanziert hat) hat Papst Benedikt schwer geschadet.
Seinen Mitarbeitern legt Schönborn nahe, die Krise als Chance zu sehen. Die Kirche solle sich verstärkt Problemen wie der Sorge um den Arbeitsplatz zuwenden.
Gegen Schwarz-Weiß-Malerei
Ganz ähnliche Töne schlug am Dienstag auch der Grazer Bischof Egon Kapellari an, der heute, Mittwoch, in Rom vom Papst empfangen wird. Er rief in einem Hirtenbrief zur Einheit auf und warnte vor „Schwarz-Weiß-Malereien“. Der Papst sei „oft missverstanden worden“. Dennoch brauche die Kirche immer wieder Erneuerung. „Schwierigkeiten, die es gibt, sind nicht wegzureden“, sagte Kapellari in Rom.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2009)