Kirchenkrise: Schmerzliche Austritte und guter Wille

Egon Kapellari
Egon Kapellari(c) Die Presse (Fabry Clemens)
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Die Zahl der Austritte steigt - eine schmerzliche Entwicklung, sagt Nuntius Farhat. Der Grazer Bischof Kapellari glaubt, dass die Krise mit gutem Willen überwunden werden kann.

Die Zahl der Kirchenaustritte steigt in fast allen Diözesen, die Plattform "Wir sind Kirche" hat zum Kirchenbeitrags-Boykott aufgerufen: Die katholische Kirche in Österreich kommt nach der Ernennung von Gerhard Maria Wagner zum Linzer Weihbischof nicht zur Ruhe. Der apostolische Nuntius Edmond Farhat, der Botschafter des Vatikans in Österreich, bezeichnete jeden Austritt als schmerlich, gleichzeitig zeigte er "durchaus Verständnis" für die Aufregung über Wagners Ernennung, sagte er dem "Kurier". Jeder Austritt schmerze, "aber wir betrachten diese Menschen weiterhin als unsere Brüder und Schwestern, die wir in unserem Gebet nie vergessen werden". Der Linzer Bischof Ludwig Schwarz appellierte in einem offenen Brief, zusammenzuhalten und den Blick auf Jesus Christus und sein Evangelium zu richten.

Der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari geht davon aus, dass die Krise der katholischen Kirche in Österreich überwunden werden kann, "wenn guter Wille da ist". Dazu müsse der neue Linzer Weihbischof Wagner ebenso beitragen wie die Dechanten von Linz, sagte er am Mittwoch im "ZiB 2"-Interview. Kapellari räumte ein, dass bei der Ernennung Wagners "einiges am Anfang schief gelaufen ist".

Mit einer Rücknahme der Entscheidung Papst Benedikts XVI. rechnet Kapellari nicht. Er hält sich derzeit in Rom auf und hat nach einer Generalaudienz mit dem Papst gesprochen. Dieser wisse von den Problemen - und er vertraue darauf, dass "die Bischöfe Österreichs zusammenhalten und dass ihre Führungskompetenz ausreichen wird, um die Probleme abzubauen".

"Zeit und Augenmaß gefordert"

Kapellari geht davon aus, dass "wenn man sich etwas Zeit gibt und das Augenmaß zurückgewinnen möchte, das auch gelingen wird". Jetzt müsse Wagner seine Bischofskollegen um Vertrauen bitten - und "es muss ihm auch Vertrauen gegeben werden", erinnerte Kapellari daran, dass "Bischöfe zuletzt vom Papst ernannt" werden.

Angesichts der Aussagen Wagners und des Feldkircher Bischof Elmar Fischer, dass Homosexualität heilbar sei, appellierte Kapellari dafür, "intelligent und sorgsam mit diesem Thema und den Menschen, die dahinter stehen", umzugehen. Die Vorarlberger Oppositionsparteien SPÖ und Grüne hatten die Aussagen als "ungeheuerlich" und "Hetze" bezeichnet.

(APA/Red.)

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