450 private Post-Partner sollen die Lücke schließen und das Netz dichter machen. Kündigungen gibt es keine. Dennoch laufen Gewerkschaft und Länder gegen die Pläne Sturm.
Wien. Die bittere Pille, die Post-Filialvorstand Herbert Götz am Dienstag verkündete, war süß verpackt. Also: Ja, 300 defizitäre Postämter werden geschlossen – wie von der „Presse“ schon im November angekündigt. Aber sie werden nicht nur, wie gesetzlich vorgesehen, durch private Post-Partner ersetzt: Es werden auch 156 zusätzliche Partner unter Vertrag genommen, in Orten, wo es schon heute kein Postamt (mehr) gibt: „Das Netz wird also dichter.“
Gesucht werden dafür in den nächsten vier Monaten Greißler, Trafikanten, Apotheker und Tankstellenpächter. 2500 potenzielle Kandidaten gäbe es, da werde man sicher fündig. Wenn alle Stricke reißen, muss das Gemeindeamt einspringen – was heute bereits in 28 Orten der Fall ist.
Schon im Dezember wurde das Angebot für Post-Partner attraktiver. Jedes Jahr erhalten sie 800 Euro als EDV-Kostenersatz und 3000 Euro als fixe Qualitätsprämie. Dafür müssen sie „exakt den gleichen Service wie ein Kleinpostamt“ bieten. Zusammen mit den Gebühren kommen sie so im Schnitt auf einen Zusatzverdienst von 15.000 Euro im Jahr. Doch schon das bisherige Angebot dürfte sich gerechnet haben: 200 Post-Partner gibt es bereits. Nur sechs von ihnen haben laut Götz in den beiden letzten Jahren gekündigt, weil sie ihren Betrieb zusperrten.
Und die 360 Vollzeitmitarbeiter aus den Filialen, die im Sommer geschlossen werden? Die werden nicht gekündigt, beeilt sich Götz zu versichern. Sie sollen in den nächstgelegenen Eigenfilialen „das dortige Team verstärken“.
Fit für die Liberalisierung
Die Postamtschließungen sind Teil eines Sparprogramms, mit dem sich die börsenotierte Post für die EU-weite Liberalisierung des Brief- und Paketmarktes 2011 rüsten will. Kleine entlegene Ämter sind schon jetzt ein roter Fleck in der sonst sauberen Bilanz der Post. Solche Filialen verursachen im Schnitt einen Jahresverlust von 40.000 Euro. Doch die „Universal-Dienstverordnung“ sichert den Österreichern unter anderem ein Postamt in jeder Gemeinde – es sei denn, es ist chronisch defizitär, dann darf es durch einen „gleichwertigen“ Partner ersetzt werden.
Jedes Jahr am 1. März stattet die Post dem Infrastrukturministerium einen „Bericht zum Universaldienst“ ab – und darf Schließungen anmelden. Diese Gelegenheit hat die Post genutzt, und es war der ehestmögliche Zeitpunkt. Denn im Herbst hatte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) die Schließung von Postämtern im ersten Halbjahr 2009 verboten. Die entsprechende Verordnung halten führende Juristen für verfassungswidrig: Obwohl der Staat 51 Prozent an der Post hält, dürfe er nicht in die Rechtssphäre der privaten Aktionäre eingreifen.
Nur Faymann ist zufrieden
Mit seinem Verbot setzte Faymann einen vorläufigen Schluss unter einen heftigen Streit zwischen der Post und ihrer Gewerkschaft. Ihr Auslöser war die Ankündigung, dass bis 2015 in Summe 1000 Postämter geschlossen und 9000 Mitarbeiter abgebaut werden sollen.
Nun flammt der Streit neu auf. Die Gewerkschaft droht mit Streik, Landespolitiker wehren sich gegen den „inakzeptablen Kahlschlag“. Verhaltener die Reaktion von Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ): Sie sei „skeptisch“ und werde das Konzept „genau prüfen“. Das will auch der Kanzler. Seine umstrittene Verordnung sei aber nicht umsonst gewesen: „Die Ruhepause wurde für die Vorbereitung des neuen Postmarktgesetzes genutzt. Und es geht ja jetzt nur mehr um 300 Ämter“, meint Faymann-Sprecherin Angelika Feigl.
Das Ziel von 1000 Schließungen dürfte die Post weiter im Visier haben: „Es gibt noch mehr defizitäre Postämter“, so Götz, will aber keine Zahl nennen. Was aus ihnen wird, bleibt offen – bis zum nächsten Bericht im nächsten Jahr.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2009)