Jettmar: „Die Post ist eine private Gesellschaft“

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Für den künftigen Post-Chef Jettmar ist der Staat ein normaler Mehrheitsaktionär. Wie die Post ihren Versorgungsauftrag erfüllt, müsse ihr überlassen sein.

Die Presse: Sie werden per Anfang April die Führung der Post übernehmen. Waren Sie eigentlich überrascht, als Post-Chef Anton Wais am Mittwoch seinen Rücktritt bekannt gab?

Rudolf Jettmar: Wir alle waren sehr überrascht. Die eigene Gesundheit ist jedoch ein so hohes Gut, dass wir seine Entscheidung respektieren müssen. Gleichzeitig möchte ich aber klarstellen, dass wir von unserem erfolgreichen Weg nicht abweichen werden.

Nur einen Tag zuvor hat es ja große Aufregung gegeben, weil die Post bekannt gab, dass 293 Postämter geschlossen und durch Post-Partner ersetzt werden sollen. Wird sich daran etwas ändern?

Jettmar: Nein, das wird selbstverständlich so umgesetzt, wie es von uns angekündigt worden ist. Unsere Aufgabe ist es ja, eine Serviceleistung anzubieten. Wie wir diese Leistung erbringen, ist aber uns überlassen. Und das Ausmaß dieser Serviceleistung bleibt durch die Post-Partner gleich.

Verstehen Sie eigentlich die Aufregung darüber, dass 293 Postämter durch 450 Post-Partner ersetzt werden?

Jettmar: Das Postamt ist ein emotionales Thema. Eines muss aber allen bewusst sein: Die Post ist eine private Gesellschaft. Wir haben zwar eine Versorgungsverpflichtung. Zu der stehen wir, und die erfüllen wir. Aber ansonsten unterliegen wir ganz klaren Regeln des Aktienrechts. Und der Grund für unseren bisherigen Erfolg ist, dass wir uns an diese Regeln gehalten haben. Mir gefällt auch der Begriff halbstaatliches Unternehmen nicht. Er suggeriert, dass es hier etwas gäbe, das über dem Aktienrecht steht. Für uns sind alle Aktionäre – entsprechend ihrer Anteile – gleichberechtigt.

Der Staat ist für Sie also ein ganz normaler Mehrheitsaktionär?

Jettmar: Ja. Als Mehrheitsaktionär hat er natürlich eine bestimmende Rolle in der Hauptversammlung. Darüber hinaus kann er uns auch über die Universaldienstverordnung Verpflichtungen auferlegen. Dabei ist aber keine bestimmte Form festgelegt. Wenn wir sehen, dass wir dieser Verpflichtung auch günstiger nachkommen können, dann müssen wir das als aktienrechtlicher Vorstand sogar tun. Die Pflicht des Managements, für effiziente Strukturen zu sorgen, kann nicht aufgehoben werden.

Laut Post kostet ein Partner 15.000 Euro pro Jahr, eine eigene Filiale 65.000 Euro. Demnach müssten alle Postämter ersetzt werden.

Jettmar: Es hängt davon ab, ob mit eigenem Personal ein größeres Geschäftsvolumen erzielt werden kann. Das wird aber jedes Jahr wieder neu geprüft werden müssen.

Von der Gewerkschaft kommt nun aber die Kritik, dass die Post nicht verhindern kann, dass Post-Partner plötzlich ihr Geschäft aufgeben. Wie können Sie so weiterhin die flächendeckende Versorgung garantieren?

Jettmar: In den vergangenen zwei Jahren haben von rund 200 Partnern nur sechs zugesperrt. Und wenn es den Greißler A plötzlich nicht mehr gibt, werden wir einen anderen Partner finden. Wir wissen, dass in anderen Ländern vor allem Gemeindeämter gerne Post-Partner werden, da sie so einen zusätzlichen Betrag fürs Gemeinde-Budget erhalten. Es wird immer jemanden geben.

Und wenn es einmal wirklich niemanden mehr gibt. Sperren Sie dann ein Postamt auf?

Jettmar: In letzter Konsequenz: Ja.

Trotz allem droht die Gewerkschaft mit Streiks, wenn es zu Postamtsschließungen kommt. Wie werden Sie reagieren?

Jettmar: Wir haben seit zehn Jahren bei der Post einen ständigen Strukturwandel. Dabei hat es immer wieder sehr heftige Auseinandersetzungen mit der Personalvertretung gegeben. Und wir haben es immer wieder geschafft, zu einer Lösung zu kommen. Es wird auch künftig nicht den Punkt geben, bei dem wir sagen können: Das war es jetzt mit dem Strukturwandel. So nimmt die Umstellung vom Brief auf E-Mail weiter zu. Und darauf nicht zu reagieren wäre ein schwerer Fehler.

Sie werden die Post-Führung interimistisch übernehmen. Die endgültige Nachfolge von Herrn Wais wird ausgeschrieben. Werden Sie sich bewerben?

Jettmar: Ich habe ja Latein gelernt. Und da gab es diesen schönen Satz: „Nihil petere, nihil recusare.“ Das heißt so viel wie: „Nichts anstreben, nichts zurückweisen.“

ZUR PERSON

Rudolf Jettmar wird ab 1. April die Führung der Post interimistisch übernehmen. Post-Chef Anton Wais gab am Mittwoch aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt bekannt. Die endgültige Nachfolge von Wais wird ausgeschrieben. Der 62-jährige Jettmar ist – wie Wais – seit 1999 bei der Post. Bisher war er Finanzvorstand. [AP]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2009)

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