EU-Herbstprognose: Frankreich als größtes Sorgenkind

Für viele Länder senkte die Brüsseler Behörde am Dienstag ihre Wachstumsprognosen. Lichtblicke gibt es in Griechenland und Spanien.

Die EU-Kommission blickt deutlich skeptischer auf die Konjunktur. Für viele Länder senkte die Brüsseler Behörde am Dienstag ihre Wachstumsprognosen. Während vor allem die Schwergewichte Frankreich und Italien schwächeln, gibt es Lichtblicke in Irland, Spanien und Griechenland. Es folgt ein Überblick:

GRIECHENLAND

Das am schwersten von der Schuldenkrise betroffene Land steht vor einem Comeback. "2014 wird der Wendepunkt für Griechenland sein", erwartet die EU-Kommission. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll erstmals seit sechs Jahren wieder wachsen - um 0,6 Prozent. Im nächsten Jahr dürfte es sogar um knapp drei Prozent und 2016 um 3,7 Prozent bergauf gehen. Dennoch warnt die Brüsseler Behörde vor zu viel Euphorie. Denn eine mangelnde Umsetzung der angepeilten Reformen durch die Politik könnte auf die Stimmung der Firmen drücken und zu weniger Investitionen führen.

Griechenland kämpft zudem mit den Nachwehen der langen Rezession. Der Schuldenberg bleibt mit knapp 158 Prozent der Wirtschaftsleistung laut Kommission trotz eines Rückgangs auch 2016 mit Abstand der größte im Euro-Raum. Im übernächsten Jahr dürfte Griechenland die rote Laterne bei der Arbeitslosigkeit an Spanien abgeben, dennoch bleibt die Arbeitslosenquote mit 22 Prozent hoch.

FRANKREICH

Als eines der größten Sorgenkinder in der Euro-Zone gilt derzeit Frankreich. Die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft im Währungsraum wird der Brüsseler Behörde zufolge 2014 nur um 0,3 (bisherige Prognose: 1,0) Prozent und 2015 um 0,7 (1,5) Prozent zulegen. 2016 soll das Wachstum dann mit 1,5 Prozent wieder stärker ausfallen, aber immer noch geringer als im Schnitt der Euro-Länder. "Trotz spürbarer Ausgabenkürzungen dürften Frankreichs Staatsdefizit und die Schuldenstandsquote weiter steigen", moniert die Kommission. Das Haushaltsdefizit der Franzosen werde von 4,4 Prozent 2014 auf 4,7 Prozent 2016 zulegen - die erlaubte Obergrenze liegt aber bei nur drei Prozent der Wirtschaftskraft.

ITALIEN

Während Italien beim Defizit die Vorgaben einhalten dürfte, lahmt die Konjunktur weiterhin. Die drittgrößte Volkswirtschaft dürfte nach Ansicht der EU-Kommission das dritte Jahr in Folge schrumpfen - und zwar um 0,4 Prozent. Bisher hatten die Brüsseler für 2014 noch ein Wachstum von 0,6 Prozent veranschlagt. Im nächsten Jahr werde es dank anziehender Exporte ein Wachstum von 0,6 Prozent geben, die Erholung bleibe aber wacklig. Auch am Jobmarkt sieht es düster aus. Denn die Arbeitslosenquote werde in diesem Jahr den Rekordwert von 12,6 Prozent erreichen und bis 2016 kaum sinken. Der Schuldenberg im Verhältnis zur Wirtschaftskraft dürfte in den nächsten Jahren laut Kommission weitgehend unverändert bei rund 133 Prozent bleiben. Nur Griechenland hat einen schlechteren Wert.

PORTUGAL

Der dreijährige Abschwung endet in diesem Jahr, erwartet die EU-Kommission. Dann soll Portugals Bruttoinlandsprodukt um 0,9 Prozent steigen. Bis 2016 werde sich der Wert auf 1,7 Prozent beschleunigen. Portugal habe zwar mit Gegenwind zu kämpfen, da das Exportwachstum nachlasse. Die privaten Verbraucher springen den Experten zufolge allerdings in die Bresche und kurbeln mit ihrem Konsum das Wachstum an. Portugal hatte im Mai den Euro-Rettungsschirm verlassen und steht finanziell wieder auf eigenen Beinen.

SPANIEN

Hier erwartet die Brüsseler Behörde sogar eine noch bessere Entwicklung der Konjunktur als im Nachbarland Portugal. Die spanische Wirtschaft war ebenfalls drei Jahre geschrumpft und dürfte 2014 um 1,2 Prozent wachsen. Im nächsten Jahr werde es um 1,7 Prozent und 2016 um 2,2 Prozent bergauf gehen. Allerdings kommt die bessere Konjunktur nur schleppend am Arbeitsmarkt an. Die Arbeitslosenquote dürfte zwar weiter sinken. Dennoch werde Spanien 2016 mit gut 22 Prozent noch vor Griechenland den höchsten Wert im Euro-Raum aufweisen.

ZYPERN

Das Land steckt mitten im Konjunkturtal, doch die EU-Kommission betont: "Die Rezession in Zypern war in diesem Jahr milder als vorausgesagt." Die Wirtschaft dürfte dennoch 2014 um 2,8 Prozent schrumpfen und damit so stark wie in keinem anderen EU-Land. Ab dem nächsten Jahr rechnet Brüssel mit dem Beginn einer "bescheidenen Erholung". Das BIP dürfte dann 2015 um 0,4 Prozent zulegen und 2016 um 1,6 Prozent. Kurzfristig werde die Arbeitslosenquote aber in diesem Jahr auf den Rekordwert von 16,2 Prozent steigen. Während Zypern laut Kommission die Defizit-Vorgaben ab diesem Jahr wohl wieder einhält, dürfte der Schuldenberg im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung zunächst weiter steigen - von 107,5 auf gut 115 Prozent 2015.

IRLAND

Irland gibt weiter den Musterschüler unter den Krisenländern. Die grüne Insel hatte Ende 2013 als erster Staat den Rettungsschirm verlassen. Beim Wachstum dürfte Irland bis 2016 zum Spitzenreiter im Währungsraum aufsteigen. Die dortige Wirtschaft werde 2014 um 4,6 Prozent zulegen und damit fast sechs Mal stärker als die gesamte Euro-Zone.

(APA/Reuters)

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