Aufgeblättert: Jährlich 25.000 „Kunstfehler“ in den Spitälern

(c) Die Presse (Teresa Zötl)
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In Österreichs Spitälern sterben pro Jahr mehr als 2500 Menschen an Behandlungsfehlern.

„In Österreichs Krankenhäusern werden jährlich 25.000 Behandlungsfehler begangen, 2500 Menschen sterben an den Folgen“, schreibt Kurt Langbein in seinem neuen Buch „Verschlusssache Medizin“. Die 2500 Toten, so der Autor, beruhten „auf sehr vorsichtigen Hochrechnungen, in der Realität dürften es wohl mehr als doppelt so viele Tote sein“.

In dem Buch, das heute, 9.März, erscheint, geht Langbein diesen „lebensgefährlichen Zuständen“ auf den Grund. Einer der Gründe: „In kleinen Häusern werden noch immer große komplizierte Operationen durchgeführt. Weil deren Zahl aber relativ niedrig ist, hat man für schwierige Eingriffe zu wenig Erfahrung. Dann sterben halt 25 bis 30 Prozent der operierten Patienten.“ Und offiziell sei dann von einem „schicksalshaften Verlauf“ die Rede.

Ein weiterer Grund für die hohe und verhinderbare Sterberate im Spital: „Zehn Prozent aller Eingriffe werden von Chirurgen nach 24-stündigem Einsatz gemacht, da verdoppelt sich die Komplikationsrate“, weiß Langbein, der seine Insider-Informationen teils auch aus bislang unveröffentlichten internen Krankenhaus-Qualitätsberichten hat.

Gebärmutter viel zu oft entfernt

Und weil Österreich die höchste Spitalsdichte Europas aufweise, landeten drei von zehn Österreichern mit hübscher Regelmäßigkeit in einem Krankenhaus. „Und da werden weit mehr Eingriffe vorgenommen als tatsächlich notwendig sind. Bei uns gibt es etwa doppelt so viele Gebärmutter-Entfernungen wie etwa in Frankreich oder Norwegen.“

Langbein will auch aufzeigen, worin sich eine gute von einer schlechten Klinik unterscheidet. „Geht sie offen mit Zahlen zu Eingriffen und Komplikationen um, oder wird darüber der Mantel des Schweigens gelegt.“

Mit dem Aufdeckerbuch, das auch über erschütternde Einzelschicksale berichtet, will Langbein nicht Misstrauen säen, sondern: „Ich will die Lügen aufdecken, die fürs Gesundheitswesen Verantwortliche ständig auftischen.“ Er will einen Beitrag dazu leisten, „dass die ewige Vertuscherei von Fehlern aufhört und stattdessen sinnvolles Qualitätsmanagement und Fehlerkultur Platz finden. Denn das würde wesentlich dazu beitragen, dass unsere Spitäler sicherer werden.“ (cr)

„Verschlusssache Medizin. Wie sie uns krank macht, wer davon profitiert und wie Sie das System überleben“, Ecowin Verlag, 250 Seiten, 19,95 €.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2009)

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