Architekten kritisieren Stadt Wien

Stadthallenbad-Sanierung. Standesvertretung ortet in der Millionenklage des Bades gegen den Generalplaner einen Einschüchterungsversuch auf Kosten der Steuerzahler.

Wien. Die Architektenkammer für Wien, Niederösterreich und das Burgenland kritisiert das Vorgehen der Stadt Wien im derzeit laufenden Prozess rund um die Sanierung des Stadthallenbades. In einem Schreiben an „Die Presse“ sprechen die Standesvertreter von einer „Methode, den Schwächeren im Rechtsstreit finanziell zu erdrücken“, die bisher eigentlich „aus angloamerikanischen Wirtschaftskriegen bekannt“ sei.

Wie berichtet, befindet sich der ehemalige Generalplaner für die Stadthallenbad-Sanierung, Georg Driendl, im Zivilrechtsstreit mit der Stadthallenbad-Führung. Das Badmanagement wirft ihm grobe Planungsfehler vor. Er soll daher verantwortlich für Mehrkosten und die lange Sanierungszeit sein. Zur Erinnerung: Anfang 2012 war sogar ein völliger Baustopp ausgerufen worden.

Das Schreiben im Wortlaut

Nun klagt ihn das Stadthallenbad auf einen zweistelligen Millionenbetrag: Erst vor Kurzem wurde seitens des Bades der Streitwert auf insgesamt elf Millionen Euro erhöht. Ebenso wurde versucht, den Wert der Feststellungsklage von einer Million auf drei Millionen Euro zu erhöhen, was vom Handelsgericht letztendlich aber nicht akzeptiert wurde. Man wolle allein durch die enorm hohen Kosten Druck auf Driendl ausüben, kritisiert auch dessen Anwältin Petra Rindler.Verfahren zur Sanierung des Stadthallenbades

Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland hat als Berufsvertretung im Zusammenhang mit dem o.a. Verfahren Berichte über die Ausweitung der Klage gegen den Generalplaner Architekt DI Georg Driendl mit Bestürzung zur Kenntnis genommen.

Diese Vorgangsweise eines großen Unternehmens der Stadt Wien, einen Planer im Rechtsstreit in Form von stetem Hochlizitieren des Streitwertes, nämlich von 6 auf 14 Millionen Euro, und den damit verbundenen enormen Prozesskosten, „aus dem Weg zu klagen“, ohne dass das Verschulden geklärt wird, können wir in Hinsicht auf unseren gesamten Berufsstand nicht hinnehmen.

Die Methode, den schwächeren im Rechtsstreit finanziell zu erdrücken, ist aus angloamerikanischen Wirtschaftskriegen bekannt. Dass sich ein Betrieb der Stadt Wien, die Wiener Sportstätten Betriebsgesellschaft m.b.H. nun solcher Methoden bedient, ist schockierend. Dies umso mehr, als hier zur Einschüchterung nicht eigenes Geld riskiert wird, sondern letztendlich jenes der Steuerzahler, was die Methode besonders fragwürdig erscheinen lässt.

Zur Klärung der Rechtsfrage nach der tatsächlichen Verantwortlichkeit leistet diese Vorgangsweise keinerlei sachlichen Beitrag, im Gegenteil, sie dient einzig dazu, die Standpunkte der Gegenseite zu unterdrücken.

Wer sich derartiger Methoden bedient, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er an sachlicher Aufklärung tatsächlich interessiert ist, oder sie vielmehr verhindern und verschleiern will.

Wir kennen die Stadt Wien seit langem als bisweilen harte, jedoch stets faire Auftraggeberin, die in Vertretung ihrer Interessen auch in schwierigen Auseinandersetzungen niemals ihre Macht auf die Vernichtung der Gegenseite ausrichtet, sondern stets zur Aufklärung der wahren Sachverhalte einsetzt .

In diesem Zusammenhang ist es auch völlig unverständlich, dass seitens der Stadt eine einzige Person für alle angeblichen Probleme verantwortlich gemacht wird, ohne dabei die unterschiedlichen Aufgabenbereiche und Verantwortungen des Planers, der Örtlichen Bauaufsicht, der ausführenden Firmen und der Auftraggeberin selbst zu unterscheiden.

Dass die Ausweitung der Feststellungsklage auch dem Gericht zuviel war und der Klagswert auf ein Drittel reduziert wurde, ist ein weiterer Hinweis, dass jenseits der Vernunft agiert wird.

Wir appellieren daher an die Verantwortlichen der Stadt, auf ihren Betrieb soweit einzuwirken, dass im Vertrauen auf die Tätigkeit unabhängiger Gerichte auf Drohgebärden verzichtet und auf eine sachliche Ebene zurückgekehrt wird. Ebenso sollte man beim Einsatz von Steuergeldern in Betracht ziehen, dass es möglich ist, dass der eigentlich Beklagte wider Erwarten doch nicht die Waffen streckt.

Mit freundlichen Grüßen 


Dipl.-Ing. Peter Bauer, Präsident

Architekt Dipl.-Ing. Bernhard Sommer, Vizepräsident

Architekt Dipl.-Ing. Christoph Mayrhofer, Vorsitzender Sektion Architekten

Mit Steuergeld in den Prozess

Gewichtige Unterstützung bekommt Driendl nun eben auch von der Architektenkammer, namentlich von Präsident Peter Bauer, Vizepräsident Bernhard Sommer und Christoph Mayrhofer, dem Vorsitzenden der Sektion Architekten. Die Kammer will das Vorgehen der Stadt „in Hinsicht auf unseren gesamten Berufsstand nicht hinnehmen“. Umso mehr als „hier zur Einschüchterung nicht eigenes Geld riskiert wird, sondern letztendlich jenes der Steuerzahler, was die Methode besonders fragwürdig erscheinen lässt“.

So sei in diesem Zusammenhang auch völlig unverständlich, „dass seitens der Stadt eine einzige Person für alle angeblichen Probleme verantwortlich gemacht wird, ohne dabei die unterschiedlichen Aufgabenbereiche und Verantwortungen des Planers, der örtlichen Bauaufsicht, der ausführenden Firmen und der Auftraggeberin selbst zu unterscheiden“, heißt es in dem Schreiben. Offenbar lautet der Vorwurf also, der Kläger würde unterschiedliche Zuständigkeiten miteinander vermischen. Und weiters: „Dass die Ausweitung der Feststellungsklage auch dem Gericht zugefallen war und der Klagswert auf ein Drittel reduziert wurde, ist ein weiterer Hinweis, dass jenseits der Vernunft agiert wird.“

In dem Schreiben appelliert die Kammer an die Verantwortlichen in der städtischen Verwaltung, „auf ihren Betrieb so weit einzuwirken, dass im Vertrauen auf die Tätigkeit unabhängiger Gerichte auf Drohgebärden verzichtet und auf eine sachliche Ebene zurückgekehrt wird“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

VISUALISIERUNG: WOHNUNGEN AUF STEINHOF-GR�NDEN
Wien

Steinhofgründe: Bürgerprotest ist (fast) verstummt

Der Bürgerprotest gegen die geplanten Wohnungen hat nachgelassen, die Bebauung startet mit Jahreswechsel 2015/2016.
Wien

Hietzing: Zwist um Burn-out-Klinik

Der Plan für eine Rehabilitationsklinik in einer Wiener Naturoase stößt auf Kritik des Bezirks. Stadt und Betreiber betonen dagegen, dass das Projekt gut in die grüne Umgebung passe.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.