Kärnten war Teil der Regel und nicht die Ausnahme

Vom Ausmaß überstrahlt die Hypo Alpe Adria alles. Vom System lief es anderswo gleich: riskante Geschäfte, hohe Landeshaftungen und fehlende Kontrolle.

Immer wieder wurde die Wirtschaftsredaktion der „Presse“ in den vergangenen Jahren mit der Bitte kontaktiert, in unserer Berichterstattung über die Kärntner Hypo Alpe Adria doch den ganzen Namen anstatt nur Hypo zu schreiben. Letzteres könnte nämlich zu Verwechslungen mit anderen Landeshypothekenbanken führen. Allein schon aus Platzgründen war und ist es uns nicht immer möglich, dies zu erfüllen. Zum Teil mussten wir den anderen Banken also „Unrecht“ tun.

Allerdings nur zum Teil, wie der Rechnungshof-Bericht über die Tiroler Hypo nun zeigt. Nur zwei Tage nach dem Endbericht der Untersuchungskommission über die Hypo Alpe Adria publizierten die obersten Rechnungsprüfer der Republik am Donnerstag ihre Rückschau auf die Aktivitäten der Tiroler. Und hätte der Rechnungshof in seinem Bericht das Wort Tirol hinter Hypo weggelassen, könnte man mitunter meinen, es handelt sich um ein- und denselben Text.

So heißt es in dem Bericht der Untersuchungskommission zur Kärntner Hypo: „Obwohl die Risikomanagementsysteme den Anforderungen nicht gerecht wurden, hielten Vorstand und Aufsichtsrat an der Politik des ungebremsten Wachstums fest.“ Der Rechnungshof schreibt über die Tiroler Hypo: „Der RH hielt kritisch fest, dass die Wachstumsstrategie trotz vorhandener Probleme eingeschlagen wurde, und diese nicht behoben werden konnten [...] So informierte der Wirtschaftsprüfer bereits im Jahr 2004 den Vorstand, dass die Systeme im Kreditbereich nicht ausreichend für die Verfolgung einer Wachstumsstrategie waren.“

Die beiden Banken hatten also nicht nur das Wort Hypo im Wort gemein, sie hatten auch dieselbe fatale Strategie: Wachstum im benachbarten Ausland, obwohl weder die Mitarbeiter noch die vorhandenen Kontrollsysteme ausreichend darauf vorbereitet waren.

Aber nicht nur in ihren operativen Fehlern ähnelten sich die beiden Hypos. So war der Grund für die rasante Expansion der Kärntner nicht zuletzt die unbeschränkte Haftung des Landes. Denn damit konnte sich die Bank auf dem Kapitalmarkt günstig verschulden. Auch in Tirol wurde diese Möglichkeit mit Freude wahrgenommen. Den beiden Landesregierungen konnte das nur recht sein, sie erhielten durch das Anwachsen der Haftungen ja stetig steigende Haftungsprovisionen, weshalb der Rechnungshof bereits im Jahr 2012 in einem Vergleich der Länder Kärnten, Tirol und Niederösterreich (auch dort gibt es eine landeseigene Hypo) feststellte: „In Kärnten betrugen 2010 die Haftungen mehr als das Siebenfache der Ausgaben des Landeshaushalts, in Niederösterreich 156 Prozent und in Tirol 271 Prozent.“ Ein Schlagendwerden auch nur eines Teils dieser Haftungen „hätte schwerwiegende Auswirkungen auf den jeweiligen Landeshaushalt“.

Von den staatlichen Prüforganen, allen voran der Nationalbank, wurden diese Missstände in regelmäßigen Abständen protokolliert. Und dann schubladisiert. Weder in Kärnten noch in Tirol gab es genügend Druck der Aufseher, wirklich etwas zu ändern.

Dass es in Tirol „nur“ einen Schaden in dreistelliger Millionen- und nicht in Milliardenhöhe gibt, macht die Sache nur wenig besser. Denn es zeigt sich: Die Kärntner Hypo und die lokale FPÖ-Regierung haben den Wahnsinn zwar auf die Spitze getrieben – das System war und ist in anderen Bundesländern aber gleich. Egal, ob es sich dabei um schwarze oder rote handelt (wie neben der Hypo Tirol die Spekulationsverluste der niederösterreichischen Hypo oder die Affäre um die Bank Burgenland gezeigt haben). Dass dies nicht nur ein österreichisches Phänomen ist, zeigt der Blick nach Bayern. So war es just die BayernLB– also das Äquivalent zu einer Landeshypo –, die auf Teufel komm raus auf dem Balkan investieren wollte und sich daher mit dem Kauf der Hypo ordentlich die Finger verbrannte.

Die Leiterin der Hypo-Kommission, Irmgard Griss, meinte am Dienstag: Es sei gar nicht sinnvoll, die Verantwortlichkeit auf Namen herunterzubrechen, weil dies davon ablenke, dass es ein Systemproblem gebe. Sie dürfte damit leider recht haben.

E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2014)

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