Deutschland: Erster Ministerpräsident der Linken gewählt

Bodo Ramelow bei der Vereidigung in Erfurt
Bodo Ramelow bei der Vereidigung in ErfurtREUTERS
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25 Jahre nach dem Fall der Mauer wurde mit Bodo Ramelow zum ersten Mal ein Politiker der Partei "Die Linke" Regierungschef in einem Bundesland.

Bodo Ramelow ist der erste Ministerpräsident der Linkspartei in Deutschland. Der 58-Jährige kam am Freitag im thüringischen Landtag im zweiten Wahlgang auf die erforderliche absolute Mehrheit. Das künftige Regierungsbündnis aus Linkspartei, SPD und Grünen verfügt über eine Mehrheit von nur einer Stimme.

Der neue Ministerpräsident wurde gleich im Anschluss an die Wahl im Landtag vereidigt und wollte danach sein Kabinett benennen. Die Linke bekommt vier Ministerposten, die SPD drei und die Grünen zwei.

In seiner ersten Rede als Regierungschef im Landtag hat sich Ramelow bei den Opfern des SED-Regimes entschuldigt. Er sprach er persönlich einen Freund an, der in Stasi-Haft in Potsdam gesessen war. "Lieber Andreas Möller: Dir und allen deinen Kameraden kann ich nur die Bitte um Entschuldigung überbringen", sagte Ramelow.

Als historisch wollte Ramelow seine Wahl - er ist der erste Ministerpräsident Deutschland einer Linkspartei - nicht verstanden wissen. "Nein, der historische Moment war gestern vor 25 Jahren in Erfurt", sagte er in Anspielung auf die Erstürmung der Stasi-Zentrale 1989.

Im ersten Wahlgang durchgefallen

Der Linken-Spitzenkandidat erhielt am Freitag bei der Wahl im Landtag von Thüringen in Erfurt im zweiten Wahlgang 46 Stimmen. Dies entspricht genau der Anzahl der Mandate der von ihm geführten rot-rot-grünen Koalition. Im ersten Wahlgang hatte Ramelow noch eine Stimme aus seinem rot-rot-grünen Bündnis gefehlt.

Die Linkspartei ist aus der DDR-Staatspartei SED hervorgegangen. Sie war bei der Landtagswahl in Thüringen am 14. September mit 28,2 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft hinter den seit 24 Jahren regierenden Christdemokraten geworden. Diese müssen jetzt in die Opposition, weil sie keinen Koalitionspartner fanden.

Westdeutscher Gewerkschafter

Der 58-jährige Ramelow war 1990 als westdeutscher Gewerkschafter nach Thüringen gegangen. Im dritten Anlauf schaffte er nun den Sprung an die Regierungsspitze. Linke, SPD und Grüne hatten sich im November auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, in dem sie unter anderem die Einführung eines gebührenfreien Jahres in den Kindertagesstätten des Bundeslandes versprechen. Im Koalitionsvertrag wird die DDR als "Unrechtsstaat" bezeichnet.

Gegen die Wahl Ramelows hatte es öffentliche Proteste unter anderem aus den Reihen der früheren DDR-Bürgerrechtler gegeben. Am Donnerstagabend waren noch einmal knapp 2.000 Menschen in Erfurt gegen Rot-Rot-Grün auf die Straße gegangen. Auch der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hatte Zweifel geäußert, ob sich die Linkspartei tatsächlich schon weit genug von den Vorstellungen der SED entfernt habe.

(APA/DPA/AFP/Reuters)

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