Terror in Sydney: "Wie konnte so jemand auf freiem Fuß sein?"

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Der Geiselnehmer war wegen Beihilfe zum Mord und sexuellen Übergriffen angeklagt. Selbst der Iran soll vor ihm gewarnt haben. Und dennoch war Monis auf freiem Fuß. Das wundert auch Regierungschef Abbott.

Nach dem blutigen Ende des Geiseldramas von Sydney hat Premier Tony Abbott den Umgang der Behörden mit dem wegen Extremismus und sexueller Belästigung bereits amtsbekannten Täter kritisiert. "Wie kann jemand mit so einer Geschichte ... auf freiem Fuß sein?" fragte Abbott am Dienstag in Sydney.

Der Premier gedachte wie viele Australier an einer spontan entstandenen Gedenkstätte der beiden getöteten Geiseln und legte Blumen nieder. Der Iraner Man Haron Monis (50) hatte am Montag ein Cafe in Sydney überfallen und 17 Geiseln teils 16 Stunden lang in seiner Gewalt. Er terrorisierte die Geiseln mit Todesdrohungen und stellte seine Gewaltaktion als Angriff der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) dar. Die Polizei stürmte das Cafe in der Nacht, nachdem sie Schüsse gehört hatte. Auch Monis kam dabei ums Leben.

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AUSTRALIA SIEGE AFTERMATHAPA/EPA/DAN HIMBRECHTS

Der selbst ernannte Scheich und Wunderheiler war unter anderem wegen Beihilfe zum Mord an seiner Ex-Frau und sexuellen Übergriffen in mehr als 40 Fällen angeklagt. Extremistische Tendenzen des Täters waren lange bekannt.

Abbott bezeichnete den Täter als psychisch labil und stellte die Frage, warum Monis nicht auf der Terror-Beobachtungsliste des Landes gestanden habe. "Wir müssen uns fragen: Hätte dies verhindert werden können?"

Die Teheraner Polizei hat nach eigenen Angaben Australien mehrmals vor dem ausgewanderten Geiselnehmer gewarnt. "Dieser Mann war ein Betrüger und hat sich bei seinem Asylantrag in Australien als politischer Dissident ausgegeben", sagte der iranische Polizeichef Ismaeil Ahmadi Moghaddam am Dienstag laut Nachrichtenagentur ISNA.

"Wir sind alle entsetzt"

Als eine Reaktion auf die Geiselnahme sollen die Bestimmungen verschärft werden, unter denen Angeklagte gegen Kaution auf freiem Fuß bleiben, wie der Ministerpräsident des Bundesstaates New South Wales, Mike Baird, ankündigte. "Wir sind alle entsetzt, dass dieser Typ frei herumlief", sagte er.

Die Polizei hatte am Montag stundenlang mit dem Geiselnehmer verhandelt. Er verlangte unter anderem eine Flagge der IS-Terrormiliz und ein Gespräch mit Abbott. Die Stürmung des Cafes sei nötig geworden, um Leben zu retten, sagte Polizeichef Andrew Scipione. Ob die Opfer durch Kugeln des Täters oder der Polizei umkamen, müsse die forensische Untersuchung zeigen.

Neben dem Attentäter waren unter den Opfern auch der 34-jährigen Manager des Cafes, Tori Johnson, und die 38-jährige Rechtsanwältin und dreifache Mutter Katrina Dawson, die am Dienstag wie Helden gefeiert wurden. Sie seien bereit gewesen, "ihr Leben zu geben, damit andere leben können", sagte Erzbischof Anthony Fisher bei eine Gedenkgottesdienst in der St.Mary-Kathedrale.

Johnson soll laut Medienberichten versucht haben, dem Geiselnehmer die Schusswaffe zu entwenden. "Sie ging dabei tragischer Weise los und tötete ihn. Aber sie löste auch die Polizeireaktion aus, und brachte Freiheit für die meisten Geiseln", sagte Bischof Fisher. Johnsons Eltern zeigten sich stolz auf ihren "wunderbaren Burschen" und riefen alle auf, für den Weltfrieden zu beten.

Dawson stellte sich bei dem Schusswechsel Medienberichten zufolge vor eine schwangere Freundin. Die Polizei bestätigte die Berichte zunächst nicht. Ermittler seien dabei, den Ablauf zu rekonstruieren, sagte die Vizepolizeichefin von New South Wales, Catherine Burn.

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