Jacobsen siegt in Garmisch, Kraft bleibt Tournee-Leader

Anders Jacobsen
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Anders Jacobsen gewann vor Simon Ammann und Peter Prevc. Auftaktsieger Stefan Kraft wurde Sechster und liegt nur noch 1,1 Punkte voran.

Garmisch-Partenkirchen. Man muss nicht gewinnen, um in Führung zu bleiben: mit dieser Erkenntnis traten die Skispringer Stefan Kraft und Michael Hayböck die Heimreise vom Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen an. Der Oberstdorf-Sieger hatte mit der Entscheidung auf der zweiten Station der Vierschanzentournee nichts zu tun; dafür waren seine Sprünge auf 132 und 135 Meter zu schwach. Der Salzburger wurde Sechster und musste vor 20.000 Zuschauer mitverfolgen, wie der Norweger Anders Jacobsen den Sieg feierte, ihm Simon Ammann und der Slowene Peter Prevc auf das Podest folgten.

Hayböck wurde Siebenter, baute aber trotzdem den Vorsprung im Gesamtweltcup aus. Auch Kraft durfte sich insgeheim als emotionaler Gewinner fühlen. Er behielt die Tournee-Gesamtführung und startet damit als Leader am Sonntag auf dem Bergisel (14 Uhr). Doch gewaltig oder beruhigend ist der Vorsprung nicht; er ist alarmierend geschmolzen. Er hat 561,9 Punkte und Prevc liegt als Zweiter nur noch 1,1 Zähler zurück. Das sind umgerechnet knapp 50 Zentimeter, dazu liegt nun plötzlich der Norweger Jacobsen auf der Lauer. Er sagt: „Es ist wirklich ein magischer Moment für mich, ich bin im Rennen um den Tourneesieg. Jetzt greife ich an.“

Steht das Neujahrsspringen an, wird immer versucht, Geschichte, Tradition und Entertainment zu bemühen. Kuriositäten sind hoch begehrt, im modernen Sport ist jedoch kein Platz mehr für ausgelassene Silvesterfeiern, Rausch und Kopfschmerzen. Es gibt keinen Skispringer mehr, der wie einst die Finnen Hemmo Silvenoinen (1956) oder Matti Nykänen (1988) direkt aus der Bar zum Schanzentisch stolpert – und gewinnt.

Champions schlagen zurück

Die Gegenwart ist befreit von solch Anekdoten. Es zählen nur noch Ergebnisse, Zahlen – nackte Fakten. Das Comeback des Norwegers Jacobsen imponiert ungemein, es ist der zehnte Weltcupsieg des Tourneesiegers von 2007. Der ehemalige Installateur hatte seit Jänner 2013 nicht mehr gewonnen. Ebenso beeindruckte der Auftritt von Ammann nach dem Sturz in Oberstdorf oder die deutliche Selbstbestätigung, die Gregor Schlierenzauer gelungen ist. Er war als Vierter bester Österreicher – und das sind durchwegs Reaktionen, die man von (echten) Champions erwartet. Sie stehen nach Niederschlägen wieder auf.

Aber Kraft, hatten Beobachter tatsächlich recht und sahen am Neujahrstag eine Schwäche beim bereits nach dem Tourneeauftakt als siebenten ÖSV-Seriensieger gehandelten Springer? Ihm fehle keineswegs die nötige Routine, auch sehe er sich für jedes Duell gewappnet, Kraft wirkte angesichts dieser Fragen höchst verdutzt. Immerhin habe er sich doch seit 2012 mit den „besten der Welt gemessen in einem Team“, sagte der Pongauer und spielte damit auf die Dominanz von Schlierenzauer und Morgenstern an. „Es war für mich ein sehr guter Start ins neue Jahr.“

Er wirkte tatsächlich gelassen, grinste breit und verstand die bei österreichischen Medien aufkeimende Unruhe nicht. Es sei doch nichts passiert, letztlich war es knapp gewesen, doch er bleibe in Führung – und nur darum gehe es. Die Tournee-Geschichte weist etwa sogar acht Gewinner aus, die sogar ohne Tagessieg triumphierten; und er hat schon einen zu Buche stehen. „Ich bin superr happy. Prevc hat mir ein paar Punkte abgeknüpft, ja. Aber ich bleibe vor den Springen in Österreich vorne. Am Bergisel wurde ich Staatsmeister, hier kann ich ich selbst sein.“

Die Tournee bleibt spannend, eine Vorentscheidung wurde verpasst und ÖSV-Trainer Heinz Kuttin ist gut beraten, wenn er mit Kraft ein motivierendes Gespräch führt. „Ich habe beim Absprung den einen oder anderen kleinen Fehler gesehen. Das werden wir klären.“

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