Nun verschwindet auch noch der Martin aus Maison Margiela. Yves ist schon länger nicht mehr Teil von Saint Laurent.
Neuübernahme eines Modehauses, Schlachtplan: 1.) Verlegen von Kreativstudio und/oder Ort des Defilees. 2.) Ikonoklastische Kollektionserstellung unter Wahrung der eigenen Ästhetik, nicht jener des Modehauses. 3.) Der Vorname des Labelgründers verschwindet aus dem Markennamen.
So stellt sich die Angelegenheit jedenfalls dar, wenn die Vorgangsweisen von John Galliano, neu bei Maison Martin Margiela, pardon: Maison Margiela, und Hedi Slimane, schon etwas besser eingearbeitet bei Yves Saint Laurent, pardon: Saint Laurent Paris, als Vorbilder gelten dürfen.
Gut, dass Galliano nicht unbedingt eine Hundert-Prozent-Margiela-Kollektion hinlegen wird, noch dazu in London, fernab des Haute-Couture-Olymps, war zu erwarten. Dass aber zwei Tage nach dem Defilee auch noch der Vorname des Labelgründers gestrichen wird, ist doch ein bisschen - respektlos?
Andererseits ist es ja verständlich: Vorname und Familienname, das wird vielleicht ein bisschen gar zu kuschelig. Besonders, wo doch Martin Margiela - zwar fernab der Modewelt - noch am Leben ist. Und John Galliano, wenigstens in der Vergangenheit, nicht besonders uneitel wirkt. "Gestatten, John Galliano, Martin Margiela" passt offenbar besser zu einem Pirandello-Roman als in ein Modehaus des 21. Jahrhunderts.
An dieser Stelle sei es erlaubt zu fragen: Wie mag sich John Gallianos ehemaliger Assistent, Bill Gaytten, fühlen. Er entwirft ja weiterhin die Kollektionen des Modelabels "John Galliano". Letzterem würde eine Umtauf-Regung eigentlich auch gut zu Gesicht stehen.
Daniel Kalt ist Schaufenster-Chefredakteur und auch auf Twitter und Instagram zu finden.