Katars unendliche Gier nach Sportgroßveranstaltungen

HANDBALL - IHF WC Qatar 2015
HANDBALL - IHF WC Qatar 2015(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Franz Pammer)
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Noch nie war eine Handballweltmeisterschaft so umstritten wie jene in Katar. Sportliche Erfolge gibt es fast ausschließlich dank Einbürgerungen. Die Zuschauerresonanz ist mehr als bescheiden.

Doha. Innerhalb weniger Jahre ist Katar zu einem Hotspot internationaler Sportgroßereignisse geworden. Höhepunkt ist der umstrittene Zuschlag für die Fußball-WM 2022, gestern in den Abendstunden wurde die Handball-WM (bis 1.Februar) eröffnet. Doch das Zwei-Millionen-Einwohner-Emirat auf der arabischen Halbinsel hat noch lange nicht genug.

Katar ist nicht nur reich an Erdgas und Öl. Inzwischen ist die rund 12.000 Quadratkilometer und damit mit Oberösterreich vergleichbare Halbinsel, die zum Großteil aus Wüstengebieten besteht, auch reich an sportlichen Großereignissen. Was mit dem ATP-Tennisturnier 1993 begonnen hatte, gipfelte 2010 in der viel diskutierten Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar. Bedenken wegen Korruption bei der Bewerbung, mangelnder Sporttradition im Land oder des ungünstigen Klimas wurden dabei ignoriert.

Von der Sorge um die Zeit nach den Bodenschätzen getrieben, ist Katar sichtlich bestrebt, diese Bedenken vom Tisch zu wischen – und hat dafür monetäre Mittel zur Verfügung, von denen Europa nur träumen kann. Und so jagt dort, wo vor hundert Jahren noch das Perlenfischen einzig nennenswerte Einnahmequelle war, ein Event das andere.

Asienspiele 2006, Rennen der Motorrad-WM, die Squash-WM, die Leichtathletik-Hallen-WM, um nur einige Veranstaltungen der vergangenen Dekade zu nennen. Im Dezember 2014 war Katar Schauplatz der Schwimmkurzbahn-WM, nun machen die Handballer Station. Erst im November setzte man sich bei der Bewerbung für die Leichtathletik-WM 2019 durch, 2016 tragen hier die Radfahrer ihre Straßen-WM aus.

Dass die Zuschauerresonanz bei den meisten Bewerben schwach ausfällt, spielt dabei keine Rolle. Und so finden auch Partien der Qatar Stars League der Fußballer, in der u.a. auch der ehemalige ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger trainiert hat und Altstars wie Stefan Effenberg, Josep Guardiola oder Romario gekickt haben, oft vor nicht mehr als 1000Zuschauern statt. Immer wieder gibt es Vorwürfe, dass die Ränge mit bezahlten Gastarbeitern gefüllt werden.

Die schwache Verankerung des Sports in der einheimischen Bevölkerung spiegelt sich auch bei den Aktiven wider. Katar (300.000 Staatsbürger) verfügt kaum über international bedeutende Athleten wie Rallyefahrer und Skeet-Schütze Nasser al-Attiyah oder Hochspringer Mutaz Essa Barshim. Wenn es Erfolge unter katarischer Flagge gibt, dann meist dank Einbürgerungen. Aktuelles Beispiel ist Katars Handballauswahl, die seit 2013 vom spanischen Weltmeistercoach Valero Rivera trainiert wird. Die Schlüsselspieler Goran Stojanović und Bertrand Roiné wurden eingebürgert.

Das soll sich ändern. 2004 wurde die 290.000 Quadratmeter einnehmende Aspire Academy for Sports Excellence eröffnet, eines der weltgrößten Trainingszentren. 760 Mio. Dollar kostete das Juwel, hier absolvieren nicht nur Fußballteams wie Bayern München oder Salzburg ihre Trainingslager. Dank zahlreicher internationaler Fachleute sollen vor allem einheimische Athleten an die Weltspitze geführt werden. Ob diese schon für Olympia bereit sind, wird sich weisen. Zwar scheiterte Katar mit seinen Bewerbungen für 2016 und 2020, aber einiges deutet darauf hin, dass der Zuschlag nur eine Frage der Zeit ist.

HANDBALLHALLEN

Lusail Multipurpose Hall: Die Multifunktionsarena ist die Haupthalle des Turniers, in der 15.300 Zuschauer Platz finden. Der Neubau eigens für die WM hat geschätzt 102 Millionen Euro gekostet.

Duhail Sports Hall: Die kleinste der drei WM-Hallen bietet 5500 Zuschauern Platz. Neben Vorrundenspielen wird dort auch der sogenannte President's Cup um die Plätze 17 bis 24 ausgespielt.

Ali-Bin-Hamad-al-Attiya-Arena: Fassungsvermögen von 7700Besuchern, Kosten: 110 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2015)

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