Das Schicksal von Katars Busfahrern

Busfahrten können auf den dicht befahrenen Straßen von Doha zu nicht enden wollenden Odysseen werden. Die Fahrer sind oft hilflos überfordert.

Busfahrten zu einer der drei eigens für die Handball-WM errichteten Hallen in Doha haben abenteuerlichen Charakter. Das liegt weniger an so mancher Baustelle und dem dichten Verkehr in Katars Hauptstadt, sondern vielmehr am teils hilflos überforderten Transportpersonal. Viele der Angestellten, denen diese Aufgabe zugewiesen wurde, kommen aus Südostasien oder Afrika. Während der Weltmeisterschaft pendeln sie zweieinhalb Wochen zwischen Hallen und Hotels, sie fahren neue Routen, ohne je darauf eingeschult geworden zu sein.

In den ersten Tagen herrschte nicht selten das pure Chaos. Eine Fahrt zur Duhail Sports Hall, in der das Spiel zwischen Österreich und Kroatien stattfand, mutierte zur rund 80-minütigen Odyssee. Der Fahrer aus Sri Lanka wirkte verunsichert. Der Verdacht, er sei mit der Strecke nicht vertraut, bestätigte sich, als der Bus nach einer halben Stunde Fahrt wieder dorthin zurückkehrte, von wo er gestartet war. Eine Straßensperre hatte den Fahrer zusätzlich verwirrt, seine Ortskenntnisse reichten längst nicht aus, um einen anderen Weg zum Ziel zu finden. So bat er kurzerhand einen Journalisten, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen und ihn via Handy-Navigationssystem zur Halle zu lotsen. Es bleibt ungeklärt, wo die Reise sonst geendet hätte.

Auch ein junger Kenianer ist sich seiner Sache bei einer der Fahrten nicht sicher. In seiner Heimat fuhr er lange Zeit Lastwagen, vor einigen Monaten ist er nach Doha gekommen, um dort mehr Geld für sich und seine Familie zu verdienen. 2000 Katar-Riyal im Monat, das sind umgerechnet rund 475 Euro, wurden ihm zugesichert. Nicht immer bekommt er sein Geld, wie er der „Presse“ erzählt.

Sein Alltag, sagt er, sei trostlos. Wenn er nicht gerade hinter dem Lenkrad sitzt, so schlägt er die Zeit mit schlafen tot. Nach nur einem halben Jahr will er Katar den Rücken kehren, in Kenia wieder Lastwagen fahren. Dort kennt er wenigstens die Straßen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2015)

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