Kurz fordert Pass-Entzug für österreichische Jihadisten

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Der Außenminister sieht in jedem Rückkehrer ein "massives Sicherheitsrisiko". Die Behörden sollten von dem gesetzlichen Recht, den Pass präventiv zu entziehen, Gebrauch machen.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) befürwortet den Entzug des Reisepasses für Terroristen, auch bevor sie zur Teilnahme am sogenannten Heiligen Krieg ausreisen können. "Es kann nicht sein, dass Terroristen die sozialen Medien und die Reisefreiheit zu ihrem Vorteil nutzen", sagte Kurz vor einer Debatte der EU-Außenminister nach den Anschlägen in Paris am Montag in Brüssel.

Insbesondere der Entzug des Reisepasses und anderer Dokumente könne dazu führen, dass Personen, die mit Terrororganisationen wie dem "Islamischen Staat" (IS) liebäugelten, gar nicht in den Irak und nach Syrien reisen könnten, sagte Kurz. "Wir helfen mit, dass sie dort nicht vergewaltigen und morden, aber wir helfen uns auch selbst, weil jeder Rückkehrer ein massives Sicherheitsrisiko ist."

Ein Sprecher von Kurz präzisierte gegenüber der "Presse", dass Kurz mit seinen Äußerungen keine Änderung im Passgesetz gefordert habe. Es sei schon jetzt möglich, Personen bei Terrorismusgefahr den Pass zu entziehen. Minister Kurz sei es um die Forderung gegangen, dass die Behörden von diesem Recht Gebrauch machen.

Tatsächlich sieht das Passgesetz vor, dass der Reisepass etwa dann entzogen werden kann, wenn "Tatsachen die Annahme rechtfertigen", dass die Person "als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung" durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit Österreichs gefährden würde.

5000 Menschen aus Europa im Kampfeinsatz

Mittlerweile seien rund 5000 Menschen aus Europa in den Kampfeinsatz in den Irak und nach Syrien gezogen, sagte Kurz. "Insbesondere wenn diese Menschen zurückkehren, stellen sie ein massives Sicherheitsrisiko für uns in Europa dar." Diese Zahlen zeigten "die Brisanz direkt und unmittelbar für uns selbst". Im Kampf gegen Terrorismusfinanzierung brauche es definitiv eine noch stärkere Zusammenarbeit in der Europäischen Union, weil dieser Terror ein globales Phänomen sei.

An den Diskussionen in Brüssel nahm auch der Generalsekretär der Arabischen Union, Nabil al-Araby, teil. "Wir müssen mehr Informationen austauschen. Wir müssen mehr (mit der islamischen Welt, Anm.) kooperieren", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Dies gelte auch für Sicherheitsbehörden. Es gehe um einen Dialog, der das Problem des islamistischen Terrorismus angehe und gleichzeitig "den Islam respektiert".

Informationsaustausch verstärken

Auch der belgische Außenminister Didier Reynders sagte, es müsse darum gehen, den Austausch von Informationen zu europäischen Jihadisten noch weiter zu verstärken. In dem Zusammenhang forderte er vom Europaparlament, den Widerstand gegen den innereuropäischen Austausch von Fluggastdaten aufzugeben. Der dänische Außenminister Martin Lidegaard regte an, dass die EU die Ausbildung von Polizeikräften in den arabischen Staaten verstärken sowie mehr für Bildung und soziale Stabilität in der Region tun könne.

Araby verwies darauf, "dass die Zusammenarbeit der Staaten Grenzen hat". Das gelte insbesondere, "wenn das die innere Situation eines Landes betrifft, zum Beispiel bei der Lage der Freiheiten". Darüber hätten die betroffenen Staaten nur selbst zu befinden. In muslimischen Ländern stößt auf Kritik, dass die EU regelmäßig die dortige Lage bei Menschen- und Bürgerrechten bemängelt.

Maßnahmen im Anti-Terror-Kampf beschließen könnten die Justiz-und Innenminister der EU, die sich am 29. und 30. Jänner in Riga treffen. Die zukünftige Terrorabwehr der EU soll auch Topthema des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs am 12. Februar sein. Für das EU-Ratsgebäude in Brüssel wurden am Montag die Einlasskontrollen verschärft, mit Sturmgewehren bewaffnete belgische Soldaten patrouillierten in der Umgebung.

Debatte in muslimischer Welt weiterführen

Die EU-Außenminister wollen die beginnende Debatte innerhalb der muslimischen Welt nach den Terrorattentaten von Paris fortgesetzt wissen. Der deutsche Ressortchef Frank-Walter Steinmeier äußerte sich gleichzeitig nach dem EU-Rat am Montag in Brüssel zurückhaltend zu diesem Thema.

Die arabischen muslimischen Staaten führten derzeit untereinander eine Debatte darüber, wie sie sich nicht nur gegenüber den Attentaten verhalten - "das glaube ich, ist durch die öffentlichen Äußerungen, die es gegeben hat, entschieden" - sondern auch, welche Grenzen ihre Religion aufzeige, "um mit unserem Verständnis von Meinungsfreiheit umzugehen. Wir können so einen Prozess nur begrüßen", so Steinmeier nach der Aussprache Al-Arabi. Er hoffe, dass dies auch bald Ergebnisse zeitigen werde.

(APA/aich )

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