Spezialeinheiten: Österreichs Waffen gegen den Terror

(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Mit Cobra (Polizei) und Jagdkommando (Bundesheer) leistet sich die Republik gleich zwei Sonderverbände. Ihre strategische Ausrichtung unterscheidet sie jedoch erheblich.

Wien. Wie sensibel Bürger und Behörden nach den jüngsten Anschlägen von Paris derzeit agieren, war Dienstagvormittag im Wiener U-Bahn-Netz zu beobachten. Ein an sich harmloser, aber mit Waffe und Schutzweste ausgerüsteter Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes löste nach besorgten Hinweisen von Passanten einen Großeinsatz der Exekutive aus. Auch die traditionell vermummten Spezialkräfte der Cobra rückten an.

Neben der polizeilichen Cobra existiert in Österreich jedoch noch ein zweiter Verband, der in seinem Auftrag das Wort Terrorismusbekämpfung formuliert hat. Die Rede ist vom Jagdkommando des Bundesheeres, das, nach der Analyse des Vorgehens der Attentäter von Paris, dem Innenministerium bereits seine Unterstützung anbietet. Im Verteidigungsministerium ist man nämlich der Meinung, dass militärisches Vorgehen von Terroristen auch militärische Antworten erfordert. Offiziell formuliert das das Bundesheer dann so: „Das Jagdkommando verfügt über ein breites Einsatzspektrum. Wird es im Zuge eines Assistenzeinsatzes zur Terrorabwehr angefordert, dann wird es da sein.“

Gemeinsam ist der gute Ruf

Aber was kann das Jagdkommando, was die Cobra nicht kann? Und verfügt das Militär gar über die besseren Einsatzkräfte bei der aktiven Bekämpfung von Terroristen?
Unbestritten ist, dass beide Organisationen trotz der teils rigiden Geheimhaltungspolitik über einen exzellenten Ruf verfügen. Nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch bei ausländischen Spezialeinheiten. Dabei geht allerdings meist unter, dass zwischen den beiden ein großer, strategisch begründeter Unterschied besteht. Wie bei allen polizeilichen Verbänden führt auch die Cobra ihre Einsätze streng genommen unter sicheren Allgemeinbedingungen durch. Stark vereinfacht formuliert bedeutet das: gefährlicher Einsatz in einem sicheren, weil dem eigenen Land.

Die Soldaten des Jagdkommandos hingegen sind darauf geschult, ihre Operationen auch in feindlicher Umgebung aus der Luft, im Wasser oder am Land durchzuführen. All das mit intensiv geübter Unterstützung anderer Truppenteile wie beispielsweise der Piloten der Black-Hawk-Staffel. Während die Cobra Helikopter überwiegend, und selbst das nur in geringem Ausmaß, zum Transport von A nach B verwendet, fliegt das Jagdkommando im Ernstfall unmittelbar ins Geschehen. Wenn es sein muss, auch unter Beschuss. Erst vergangenen Herbst übte die Truppe gemeinsam mit Piloten der Hubschrauberstaffel und internationalen Partnern in Dänemark Szenarien wie eine Infiltration bei Nacht zur Ausschaltung von Terroristen in bebauten Gebieten.

Im Zuge der gegenwärtigen Überlegungen geht es nicht um die Frage, wer über die besseren Einsatzkräfte verfügt, sondern um eine vorab zu treffende Weichenstellung, welche Einheit für welche Situation besser gerüstet ist.
Der Mehrfachmord von Annaberg in Niederösterreich etwa zeigte, dass die Cobra beim Umgang mit Tätern, die zu allem entschlossen sind und wie Scharfschützen agieren, Schwächen zeigte. Letztendlich musste das Bundesheer mit Panzern aushelfen, damit sich die Beamten überhaupt dem Gebäude nähern konnten, in dem sich der einstige Wilderer verschanzt hatte. Zudem kann das Jagdkommando – falls nötig – auf ein weitaus größeres Arsenal von schweren Waffen zurückgreifen. Im Einsatz gegen militärisch geschulte und ausgerüstete Attentäter scheint ein solches Szenario den Heeresanalysten nicht als gänzlich unrealistisch. Umgekehrt steht unter Experten außer Zweifel, dass Cobra-Mitglieder beim Eindringen in Gebäude oder Flugzeuge zu den besten der Welt gehören.

US-Rangers standen Pate

Dabei bringt es schon die Bezeichnung Spezialeinheit mit sich, dass die vergleichsweise kleinen Organisationen – beide werden auf etwa 400 Einsatzkräfte geschätzt, bei der Cobra sind es etwas mehr, beim Jagdkommando etwas weniger – eng definierte Aufgabengebiete haben. Bei der Cobra zählen dazu Geiselnahmen, Amokläufe und Flugzeugerstürmungen. Beim Jagdkommando kommen Aufklärung, Evakuierungen und Sabotageaktionen hinzu.

Historisch entstanden ist die Cobra aus der Gendarmerie bzw. dem Gendarmerieeinsatzkommando (GEK). Das Jagdkommando des Bundesheeres hingegen hatte zunächst das 75. Ranger Regiment der US Army als Vorbild. Fachbuchautor Wolfdieter Hufnagl beschrieb die Ausbildung gar als „Rangerkurs mit österreichischem Zuschnitt“.
Der bisher bekannteste Einsatz des Jagdkommandos fand im Jahr 2008 im Tschad im Rahmen einer EUFOR-Mission statt. Zuvor war die Truppe unter anderem auch im Kosovo bei der Jagd auf Kriegsverbrecher beteiligt.

Auf einen Blick

Polizei und Heer. In Österreich existieren zwei Sondereinheiten, die den Kampf gegen den Terrorismus auf ihrer Aufgabenliste vermerkt haben. Die Cobra bei der Polizei, die zum Innenministerium ressortiert, und das Jagdkommando des Bundesheers mit dem Landesverteidigungsressortchef an der Spitze. Das Jagdkommando des Bundesheeres hat dem Innenministerium bereits seine Unterstützung angeboten. Nach Analyse des Pariser Anschlags sind die Heeresexperten der Auffassung, dass militärisches Vorgehen von Terroristen militärische Antworten erfordere. Die ist aber nur über einen Assistenzeinsatz möglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Politik

Mikl-Leitner will Bundesheer-Hubschrauber für Polizei

Die Regierung hat sich auf ein Paket geeinigt: Bis zu 290 Millionen Euro fließen in den Polizeibereich. Woher das Geld kommt, ist noch unklar. Bei den Helikoptern wünscht sich das Innenressort Hilfe aus dem Heer.
Außenpolitik

Kurz sucht im Kosovo Schulterschluss im Kampf gegen Jihadisten

Die Reiseroute über den Balkan in Richtung Syrien und Irak könnte für Jihadisten in Zukunft an Bedeutung gewinnen, fürchtet Außenminister Kurz.
Symbolbild: Cobra
Politik

Sicherheitspaket: Bis zu 290 Millionen Euro für Polizei

Zwischen 260 und 290 Millionen Euro sollen in den nächsten vier Jahren zusätzlich in den Sicherheitsbereich fließen. Offen ist die Frage der Hubschraubernutzung.
Symbolbild
Politik

"Blendgranate": Opposition kritisiert Sicherheitspaket

Die Opposition sieht die Regierung beim Sicherheitspakt am falschen Weg. Die Grünen wollen "behutsam" vorgehen, die FPÖ wünscht mehr Personal.
ÖVP-Wien-Chef Manfred Juraczka
Politik

Wiener ÖVP kritisiert "Fleckerlteppich an Kapperltruppen"

Die Stadt-ÖVP fordert für einen Sicherheitsstadtrat samt "Ordnungsdienst". Damit würde auch die Exekutive entlastet werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.