Österreichs erster IS-Terror-Prozess als Geburtsstunde für ungewohnte Bilder: Justizorgane „ohne Gesicht“.
Vorige Woche begann ein Strafprozess gegen einen tschetschenischen Asylwerber. Der 30-Jährige lebte zuletzt im Waldviertel. Daher ist das Landesgericht Krems zuständig. Erstmals war die Mitgliedschaft bei der Terrortruppe IS („Islamischer Staat“) Gegenstand einer Anklage. Prägend waren die ebenso martialisch wie gespenstisch anmutenden Bilder von vier schwarz maskierten Justizwachebeamten, die den Angeklagten umringten.
Maskierte Staatsorgane ist man in Österreichs Gerichtssälen nicht gewöhnt. Das könnte sich ändern. Die Justizwache setzt auf „Anonymisierung“ ihrer Leute.
„Beim nächsten Mal wird es wieder so sein“, kündigt der Leiter der Abteilung Sicherheit der Strafvollzugsdirektion Erich Huber-Günsthofer auf „Presse“-Anfrage an. Warum soll die Justizwache „gesichtslos“ sein? Und ist es wirklich eine „Anonymisierung“? Schließlich werden die Masken zwar während der – öffentlichen – Verhandlung getragen, im Gefängnis (im Fall des Tschetschenen ist es die Anstalt Wien-Josefstadt, von dort holten ihn Kremser Beamte aus der U-Haft ab) aber nicht. Der Verdächtige kennt also die Gesichter seiner Bewacher.
Es gehe um die Medien, erklärt Huber-Günsthofer. Diese würden Bilder veröffentlichen. Und deren Betrachtung könnte radikale Islamisten auf schlimme Ideen bringen. „Angriffe auf Uniformierte“, so Huber-Günsthofer habe es zuletzt in anderen Ländern bereits gegeben. Wenngleich eine Maskierung das Tragen der Uniform nicht beseitigt, ergänzt der Abteilungsleiter: „Wir haben eine Fürsorgepflicht für unsere Beamte.“

Die Masken wurden übrigens in Kombination mit schweren, beschusshemmenden Westen getragen – aber auf Schutzhelme verzichtete man. Was sind das nun für Masken? Es sind die „Brandschutzhauben“ der Einsatzgruppe der Justizwache. Deren Verwendung ist laut einem internen Erlass aus dem Jahr 2007 zwar „prinzipiell auf Einsätze mit Brand oder Brandgefahr beschränkt“, jedoch kann der Leiter der Einsatzgruppe „bei Dienstverrichtungen außerhalb der Justizanstalt das Tragen der Brandschutzhaube zwecks Identitätsschutzes bei Eskorte von Insassen, die dem organisierten Verbrechen oder einem terroristischen Hintergrund zugeordnet werden können, anordnen“.
Krems, so sagt die Vollzugsdirektion, sei nicht der erste Auftritt der Justizwache mit schwarzen Masken gewesen (bei der Polizeieinheit Cobra ist dies Usus). Beispiele vorangegangener Einsätze könne man allerdings nicht nennen, gesteht man zu. Übrigens: Angeklagte müssen ihr Gesicht zeigen. So ist 2008 das Tragen einer Burka im Islamistenprozess um Mohamed Mahmoud und Mona S. (Stichwort: Drohvideo) verboten worden.