Terror-Prozess in Krems: Anklage tut sich schwer

Archivbild: Magomed Z. und seine Bewacher am ersten Prozesstag
Archivbild: Magomed Z. und seine Bewacher am ersten ProzesstagREUTERS
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Die Vorwürfe gegen den mutmaßlichen Jihadisten Magomed Z. wurden abgeändert: Sie wurden weiter und allgemeiner gefasst. Der Angeklagte beklagte seine martialische Bewachung. Diese erzeuge erst das Terror-Bild.

Krems. „Alle behandeln mich wie einen Terroristen. Auch hier im Saal. Die Leute schauen nicht auf mich, sondern auf das Bild drumherum.“ Mit diesen Worten beklagte am Mittwoch, bei Fortsetzung des Terrorprozesses im Landesgericht Krems, der Angeklagte Magomed Z. (30) den Umstand, dass er während der gesamten Verhandlung von vier bewaffneten, schwarz maskierten Justizwachebeamten umringt war.

Auf Befragen seines Anwaltes Wolfgang Blaschitz, ob ihn dies störe, vor allem, ob ihn störe, dass immer einer der vier Bewacher dicht hinter ihm stehe, sagte Z.: „Das ist Stress für mich.“ Das von den schwarzen Masken geprägte Bild (die Justizwache erklärte ihr Auftreten, wie berichtet, mit Sicherheits-Erwägungen) hatte sich also nicht geändert. Die Anklage schon. Die Staatsanwältin, deren Namen auf Wunsch des Justizressorts nicht genannt werden soll, nahm eine „Modifizierung“ vor: Sie warf Z. – er lebte vor seiner Verhaftung als Asylwerber im Waldviertel – nicht mehr ausschließlich vor, dass er sich 2013 in Syrien der Terrororganisation IS („Islamischer Staat“) angeschlossen habe (der radikal-islamistische IS sorgt seit geraumer Zeit mit der Inszenierung von Ermordungen für weltweites Entsetzen); nach der Abänderung der Anklage musste Z. sich auch – ganz allgemein – dafür verantworten, mutmaßlich möglicherweise auch „einem anderen, noch festzustellenden radikalen Netzwerk“ beigetreten zu sein.

Auch die strafrechtliche Einordnung gestaltete sich durch die neue Anklage weiter aufgefächert als zuvor. Zum Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung kamen Anklagepunkte wie Ausbildung für terroristische Zwecke oder Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat hinzu. An der maximalen Strafdrohung, zehn Jahre Freiheitsentzug, änderte sich aber nichts.

Z. soll also von Sommer 2013 bis Dezember 2013 eine Waffen- und Kampfausbildung in Syrien erhalten haben. Belastend wirkten sich von Anfang an jede Menge Dateien oder Bilder aus, die auf dem Mobiltelefon des Angeklagten sicher gestellt wurden, ebenso Chats mit mutmaßlichen Kampfgefährten. Das Thema Jihad zog sich dabei durch wie ein roter Faden. Demgegenüber erklärte Z. am Mittwoch in beschwörendem Ton: „Ich bin kein Terrorist. Ich bin kein Verbrecher. Ich habe nichts Strafbares gemacht.“ Konter der Anklägerin: „Sie haben aber selbst sehr viel getan, um genauso dazustehen.“ Auch gebe es Bilder, in denen sich Z. als kämpfender, bärtiger Mudjahedin dargestellt habe.

Kämpfer, um zu beeindrucken

Dies sei bei „einer Kommunikation mit einer Frau“ geschehen, verteidigte sich Z. Laut Anwalt wollte Z. als „ganzer Mann“ dastehen. Z.: „Jeder Mensch macht Fehler.“ Hörbar entnervt ergänzt er: „Ich will, dass das alles vorbei ist.“ Wie schwer es der Justiz fällt, eine mutmaßliche IS-Mitgliedschaft anhand von konkreten Merkmalen festzumachen, zeigte ein skurril wirkender Dialog zwischen Richterin Monika Fasching-Lattus und einem per Videokonferenz aus dem deutschen Essen zugeschalteten Landsmann von Z. (die beiden waren gemeinsam in Syrien). Richterin zum Zeugen: „Haben Sie dort Flaggen gesehen?“ Antwort: „Ja, mit allen möglichen Bildern drauf.“ Die Richterin – offenbar die IS-Flagge vor Augen: „Haben Sie auch eine in schwarz-weiß gehaltene Flagge gesehen?“ Antwort: „Ich habe verschiedene Flaggen gesehen.“ Daraufhin hielt eine Helferin des Gerichts ein Bild von der IS-Flagge vor die Videokamera. Zeuge: „Das ist eine schwarz-weiße Flagge mit arabischen Buchstaben.“ Richterin: „Ja, das sieht man.“

Dann begann der Zeuge von „weißen, grünen und schwarzen Flaggen“ zu sprechen, ehe es ihm wohl zu bunt wurde und er wenigstens zugestand: „Die Flagge, die Sie mir gezeigt haben, ist die IS-Flagge.“ Im übrigen stützte der Mann die Angaben des Angeklagten, wonach dieser im syrisch-türkischen Grenzgebiet Hilfsleistungen für Flüchtlinge organisiert habe. Das Urteil steht noch aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12. Februar 2015)

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