Haus der Geschichte: „Es wird keine politische Farbenlehre geben“

Oliver Rathkolb
Oliver Rathkolb(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Historiker Oliver Rathkolb will ein „Museum des 21. Jahrhunderts“ in der Hofburg. VP-Kultursprecherin Maria Fekter setzt auf Gespräche – Wilfried Seipel ist über Ostermayer erzürnt.

„Mich interessiert viel mehr als der Standort das didaktische Konzept“, sagt VP-Kultursprecherin Maria Fekter zum geplanten Haus der Geschichte. Wie berichtet, will Kulturminister Josef Ostermayer dieses Museum im rechten Flügel der Neuen Wiener Hofburg einrichten, sodass das derzeit geschlossene Weltmuseum auf die Hälfte reduziert werden müsste.

Das frühere Museum für Völkerkunde soll demnächst wieder eröffnet werden, es war bereits durchkalkuliert, jetzt hat Ostermayer die Pläne gestoppt und will auf halber Fläche das Haus der Geschichte umsetzen. Ein Alleingang, der ihm zwar zustehe, sagt Maria Fekter, auch wenn sie über den Standort nicht restlos begeistert scheint. Im Gespräch mit der „Presse“ betont sie, dass alle politischen Lager bei der Auswahl der in- und ausländischen Zeithistoriker anzuhören seien. „Die Geschichte darf sich nicht nach den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen im Parlament verändern“, merkt sie an.

Der frühere Direktor des Kunsthistorischen Museums, Wilfried Seipel, ist über die geplante Beschneidung des künftigen Weltmuseums erzürnt (ihm unterstand gegen Ende seiner Amtszeit auch das Völkerkundemuseum). „Ohne vernünftiges Konzept“ wolle der Minister „aus heiterem Himmel ein bis ins letzte Detail ausgefeiltes Museumskonzept über den Haufen werfen“. Ausgangslage und Begründung dieser Vorgangsweise „spotten jeder Beschreibung“, sagt Seipel der „Presse“. Und er verweist darauf, dass unter seiner Ägide, also bis 2009, das Völkerkundemuseum eine sehr erfolgreiche Ausstellungstätigkeit vorzuweisen hatte: Guatemala, Benin, Japan, Tibet, Vietnam (die erste in Europa), Karibik, James Cook, Erzherzog Ferdinand, Tutanchamun ...

ÖNB und Staatsarchiv eingebunden

Der Leiter des wissenschaftlichen Beirates für das Haus der Geschichte, der Zeitgeschichtler Oliver Rathkolb, meint inzwischen, der Standort in der Neuen Hofburg erscheine ihm als geradezu ideal. Im ersten Stock der Nationalbibliothek müsse nicht allzu viel umgebaut werden.

„Es soll ein Museum im 21. Jahrhundert sein, das den langen Weg in die Demokratie thematisiert“, sagt Rathkolb. Und: „Es wird keine politische Farbenlehre geben.“ Das Jahr 1848 mit seiner gescheiterten bürgerlich-demokratischen Revolution sei dabei ein optimaler Ausgangspunkt. Gespeist werden soll die Dauerausstellung unter anderem aus Objekten der Nationalbibliothek und des Staatsarchivs (es untersteht dem Kanzleramt) – die Sorge, dass es zu einer reinen Dokumentenschau werden könnte, hegt Rathkolb nicht. „Wenn man genau gräbt, dann haben beide Institutionen auch viele andere spannende Objekte.“

So verfüge das Bildarchiv der ÖNB über die weitaus größte Bild- und Plakatdokumentation Österreichs; auch das ORF-Archiv, das Filmarchiv, das Filmmuseum bzw. private Sammlungen sollen eingebunden werden. Dauerleihgaben seien vorstellbar, beispielsweise aus den Bundesländern. Niederösterreich baut aber bereits sein eigenes Geschichtsmuseum.

„Ich will, dass es zu keinem Konflikt kommt“, sagt Maria Fekter in Erwartung erster Gespräche mit Ostermayer. Täusche nicht dessen freundliche Art des Öfteren im Hinblick auf sehr bestimmte parteitaktische Entscheidungen? Die frühere Finanzministerin: „Ich kenne ihn aus der Zeit, als wir gemeinsam die Regierungskoordination machten. Nein, ich glaube, er ist klug genug, keine parteipolitische Schlagseite zuzulassen.“ (hws)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2015)

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