Bleibt OMV-Chef Roiss nun doch?

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Eigentlich hätte OMV-Chef Gerhard Roiss am Donnerstag seine letzte Bilanz legen sollen. Die hat ihm der Ölpreissturz ordentlich verpatzt. Doch vielleicht bekommt Roiss noch eine Chance.

Wien. „Herr Roiss, was ist dran am Gerücht, dass Sie länger als Mitte 2015 im Amt bleiben könnten?“ Auf Fragen wie diese bei der gestrigen Vorstellung der Jahresbilanz hat der Chef des Ölkonzerns wohl seit den Turbulenzen im Sommer gewartet, die zu seiner Ablöse geführt haben. Die Frage kam nicht ohne Grund. Seit etlichen Tagen wird diese Lesart der Causa OMV unter Journalisten gestreut: Die Suche nach einem Nachfolger dauere zu lang, der Aufsichtsrat sei paralysiert, Gerhard Roiss solle seinen Vertrag doch bis 2017 erfüllen. Der OMV-Chef selbst hüllte sich in Schweigen. Einen Kommentar zu seiner Zukunft gebe es nicht. „Ich konzentriere mich auf das Geschäft“, sagte Roiss trocken. Selbst ein Lächeln konnte er sich vor laufender Kamera verkneifen.

Das Geschäft seines Mineralölkonzerns bietet ihm ohnedies nur wenig Grund zur Freude. Die Halbierung des Ölpreises in der zweiten Jahreshälfte ist auch an der OMV nicht spurlos vorübergegangen. Der Betriebsgewinn stürzte um 59 Prozent auf 1,054 Milliarden Euro ab, der Umsatz sank auf 35,9 Milliarden, im vierten Quartal mussten zusätzlich 700 Millionen Euro auf das türkische Tankstellengeschäft und das rumänische Gaskraftwerk Brazi abgeschrieben werden. Die geplanten Investitionen werden von 3,9 auf 2,5 bis drei Milliarden Euro gestutzt.

„Fit für 50 Dollar Ölpreis“

Ein Sparprogramm mit dem Namen fit4fifty – und unbestimmtem Ausmaß –, soll sicherstellen, dass die OMV auch bei einem langfristigen Ölpreis von 50 Dollar stabile Gewinne schreibt. Für 2016 sollte sich das ausgehen, kündigte der Vorstand an. Die größte Frage ist, ob der scheidende Generaldirektor, Gerhard Roiss, in einem Jahr doch selbst die Früchte dieser Arbeit wird ernten dürfen.

Zwar haben erst im Oktober sämtliche Aufsichtsratsmitglieder der OMV seinen Rücktritt mit Mitte 2015 angenommen. Ganz von der Hand zu weisen ist die Variante von der Wiederauferstehung aber nicht. Denn seit Oktober ist in Österreich viel passiert: Roiss' Gegenspieler in der Chefetage, Gas-Vorstand Hans-Peter Floren, ist längst weg. Dessen Erfolg, die Gaspreise von der russischen Gazprom auf Marktniveau herunterverhandelt zu haben, kann sich nun Roiss selbst auf die Fahnen heften. Auch die Tage von Rudolf Kemler, Chef der Staatsholding ÖIAG, OMV-Aufsichtsratschef und treibende Kraft hinter Roiss' Ablöse, sind gezählt. Aus der ÖIAG wird die ÖBIB, bei der Hauptversammlung der OMV am 19. Mai wird der Konzern einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden erhalten. Im Gespräch sind mit Wolfgang Ruttenstorfer, Helmut Draxler und Norbert Zimmermann drei Männer, die Roiss allesamt eher freundlich gestimmt sind.

Auch ökonomische Argumente für eine Zugabe von Roiss ließen sich finden: Sein Schritt nach Norwegen kommt dem Unternehmen zugute. Das Land ist nach dem Beinahe-Totalausfall von Libyen zum zweitwichtigsten Produktionsland des Konzerns geworden. Im Schnitt erzeugte die OMV 309.000 Fass (159 Liter) Öl pro Tag. Das sind acht Prozent mehr als im Jahr zuvor – allerdings zu deutlich höheren Kosten. Auch die umstrittene Verschmelzung der Gassparte mit Refining & Marketing hat der scheidende OMV-Chef trotz aller Querelen letztlich doch durchgesetzen können. Hier soll der seit Jänner zuständige Vorstand, Manfred Leitner, in den kommenden Monaten das tun, was er zuletzt bei Tankstellen und Raffinerien getan hat: den defizitären Bereich massiv zurechtstutzen.

Lukrativer Zankapfel Borealis

Trotzdem bleibt die Verlängerung von Roiss noch eher theoretisch. Bis 19. Mai hat der bisherige Aufsichtsrat Zeit, selbst einen Nachfolger zu präsentieren. Der wird dann wohl eher schwer wieder abzulösen sein. Sollte der Abgang von Roiss erneut umgestoßen werden, wäre der Widerstand der Arbeitnehmervertreter garantiert. Auch Ipic, Österreichs Syndikatspartner aus Abu Dhabi, hätte wohl gern noch ein Wort mitzureden. Nicht, weil sich die OMV unter Roiss für die Eigentümer nicht rechnen würde. Die Dividende soll auch für das schwache 2014 auf 1,25 Euro je Aktie bleiben. Das Verhältnis der Ipic mit Roiss ist vielmehr unterkühlt, seit dieser sich weigerte, den OMV-Anteil an der Petrochemiefirma Borealis an Abu Dhabi abzutreten. Aus gutem Grund: Borealis liefert der OMV gutes Geld. 2014 waren es 205 Millionen Euro – ein Fünftel des Betriebsergebnisses.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2015)

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