Inzwischen sind fünf Verdächtige in Gewahrsam. Einer von ihnen soll jahrelang für eine Polizeieinheit in Tschetschenien gearbeitet haben.
Bei den Ermittlungen zum Mord am Kremlkritiker Boris Nemzow sind drei weitere Verdächtige festgenommen worden. Damit stieg die Zahl der Festnahmen auf fünf. Es handle sich jeweils um Männer aus der islamisch geprägten Unruheregion Nordkaukasus, teilte die russische Polizei mit.
Ein Verdächtiger hat Medien zufolge jahrelang für eine Polizeieinheit in der russischen Kaukasus-Republik Tschetschenien gearbeitet. Dabei handle es sich um einen am Samstag in der benachbarten Region Inguschetien festgenommenen Mann, meldeten russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf die dortigen Behörden.
Er habe rund zehn Jahre in einem Bataillon des tschetschenischen Innenministeriums gearbeitet, hieß es am Sonntag weiter. Ob er der Einheit zuletzt noch angehörte, ist unklar. Der Mann sollte mit einem ebenfalls am Samstag in Inguschetien festgenommenen Verdächtigen am Sonntag in Moskau einem Haftrichter vorgeführt werden.
Der 55-jährige Nemzow war am Abend des 27. Februar in Sichtweite des Kreml im Zentrum Moskaus erschossen worden. Die Ermordung des Regierungsgegners löste in Russland und weltweit Bestürzung aus. Der frühere Vizeministerpräsident war einer der prominentesten Widersacher von Staatschef Wladimir Putin und ein entschiedener Kritiker der russischen Ukraine-Politik. Die Ermittler untersuchen unter anderem einen islamistischen oder nationalistischen Tathintergrund. Auch Nemzows scharfe Kritik an Russlands Ukraine-Politik nannten sie als ein mögliches Mordmotiv.
Tochter: "Politisch motivierter Mord"
Schanna Nemzowa, die Tochter des Ermordeten, hat unterdessen schwere Vorwürfe gegen den Kreml erhoben. "Ich bin mir sicher, es war ein politisch motivierter Mord", sagte sie der "Bild am Sonntag". "Er wurde umgebracht, weil er gegen den Kreml war. Das ist klar." Kreml-Chef Wladimir Putin hatte den Mord als Provokation verurteilt.
Die 30-Jährige ist die älteste Tochter des vKremlkritikers. Sie ist überzeugt, dass "dieser Mord mit voller Unterstützung der Machthaber begangen wurde, dass die Täter sicher waren, dass sie nicht bestraft werden".
An eine Aufklärung des Mordes glaubt sie nicht: "Irgendjemand wird bestraft werden, aber nicht der wirklich Schuldige." Am Samstag hatten die Behörden mitgeteilt, es seien zwei Verdächtige im Zusammenhang mit dem Mord festgenommen worden.
Die Folgen des Mordes schätzt Nemzowa als dramatisch ein: "Ich sehe keinen Oppositionspolitiker mehr in Russland, die Opposition ist enthauptet." Die Propaganda und der geschürte Hass seien so stark, dass sich selbst vernünftige Menschen oft nicht wehren könnten.
(APA/dpa)