Glaspalast: Warten auf Abriss

(c) Schuberth und Schuberth Architekten
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Der Neubau an der Stelle des ehemaligen Rechenzentrums verzögert sich. Anrainer klagen zudem über mangelnde Information.

Wien. Die alten Schreibtische und Bürosessel sind schon weg, abverkauft bei einem Flohmarkt im Vorjahr. Seither ist das ehemalige Rechenzentrum der Stadt Wien in der Rathausstraße 1, der sogenannte Glaspalast, noch leerer als zuvor.

Seit 2012 schon, als die MA 14 (Datenverarbeitung, Informations- und Kommunikationstechnologie) ausgezogen ist, steht der vom renommierten Architekten Harry Glück entworfene Bau leer. Anfang des Jahres sollte er abgerissen werden, Mitte 2015 mit dem Bau eines neuen Büro- und Geschäftsgebäudes begonnen werden.

Der Zeitplan wird sich nun „ein bisschen verzögern“, sagt ein Sprecher der Wiener Standortentwicklung GmbH (WSE), die als Tochter der Wien-Holding die Liegenschaft für die Stadt Wien verwaltet. „Wir sind derzeit in Behördengesprächen, was Abriss und Neubau betrifft.“
Gespräche, die nicht ganz unkompliziert verlaufen, handelt es sich doch um einen „heiklen Standort“ an der Grenze zwischen erstem und achtem Bezirk, zudem an der verkehrstechnisch wichtigen Zweierlinie.

Blick auf Steffl beeinträchtigt

Es ist nicht die erste Verzögerung des Projekts. Vor rund einem Jahr hatten Bürger in der Josefstadt – inklusive der Bezirksvorsteherin Veronika Mickel (ÖVP) – gegen den geplanten Neubau protestiert und mehr als 2400 Unterschriften gesammelt, weil dieser – anders als der derzeitige Glaspalast – die historische Sichtachse von der Josefstädter Straße auf den Stephansdom beeinträchtigt hätte. Verstärkt wurde der Druck, als auch das Nationalkomitee von Icomos, des Rats für Denkmalpflege, Kritik übte. Ein Neubau, hieß es, dürfe keinesfalls eine der wenigen verbliebenen historischen Sichtverbindungen gefährden.

Das hat man gemeinsam verhindert: Im April des Vorjahres versprach Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne), dass die Sichtachse jedenfalls erhalten bleibe. Die WSE ließ das Projekt vom Architektenteam (darunter die Wiener Büros Schuberth und Schuberth sowie Ostertag Architects) überarbeiten. Das Gebäude ist nun etwas kleiner dimensioniert als ursprünglich und verstellt den Blick auf den Steffl nicht mehr.

Wirklich zufrieden ist man in der Josefstadt aber trotzdem nicht. Vor allem, weil die versprochene Einbindung der Bevölkerung auf sich warten lässt. Anfang Februar hätten die Anrainer von der WSE über das neue Projekt informiert werden sollen, sagt Mickel. „Der Termin ist aber sang- und klanglos verstrichen. Auch ein Folgetermin lässt immer noch auf sich warten.“

Das überrasche sie besonders, sagt Mickel, da Maria Vassilakou erst vor Kurzem ihr Konzept für partizipative Stadtentwicklung präsentiert habe, in dem klar festgehalten ist, dass die Bevölkerung bei derartigen Bauvorhaben eingebunden werden müsse.



Bei der WSE heißt es, dass es „in den nächsten Wochen, vermutlich noch im März“, eine Info-Veranstaltung geben werde, bei der auch der Zeitplan für Abriss und Neubau (Kosten: 40 Mio. Euro) bekannt gegeben werden soll.

Mickel ist nicht sicher, ob ein Abriss die beste Lösung ist, oder ob nicht ein Umbau des Glaspalastes günstiger wäre. Doch nach Angaben der WSE entspreche das vor 35 Jahren eröffnete Rechenzentrum „nicht mehr den heutigen Ansprüchen“, die Räume seien zu niedrig, die Lichtverhältnisse zu schlecht, ein Umbau wirtschaftlich nicht sinnvoll. Das Gutachten, das die Unwirtschaftlichkeit belegt, „wird mir bis heute verweigert“, so Mickel.

Auch die künftige Nutzung – in den Neubau sollen Büros und Geschäfte einziehen – sieht Mickel kritisch. Sie würde sich eine „fantasievollere“ Nutzung wünschen: Etwa mit leistbaren Wohnungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2015)

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