Impfstopp: Ebola-Gebieten drohen nun andere Epidemien

Ein Friedhof für an Ebola Verstorbene in Liberia.
Ein Friedhof für an Ebola Verstorbene in Liberia.(c) APA/EPA/AHMED JALLANZO (AHMED JALLANZO)
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Wegen des Ebola-Ausbruchs in Westafrika wurden viele Impfprogramme, etwa gegen Masern, gestoppt - nun drohen Krankheitsepidemien mit womöglich mehr Toten. Ebola sei indes rückläufig.

Auf eine gute Nachricht folgt oft eine schlechte: Die Epidemie in Westafrika sei weiterhin rückläufig, doch nun drohen andere Krankheitswellen, die weit mehr Menschen das Leben kosten könnte, als durch Ebola selbst. Denn: Während des Ausbruchs seien in Sierra Leone, Guinea und Liberia viele Impfprogramme - etwa gegen Masern - nicht fortgeführt worden, warnen Forscher im Fachblatt "Science". Zielgerichtete und intensive Impfkampagnen seien nun nötig.

Masern-Epidemien zum Beispiel folgten häufig auf humanitäre Krisen, etwa nach Kriegen, politischen Unruhen oder Naturkatastrophen, schreiben die Forscher um Saki Takahashi von der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey. Masern seien sehr ansteckend, zudem seien die Gesamtimpfraten grundsätzlich geringer, weil die Kinder erst vergleichsweise spät - im Alter von etwa neun Monaten - geimpft werden können.

Ebola durchkreuzte Impfpläne

Bis zum Ausbruch von Ebola in Westafrika im Dezember 2013 hätten die betroffenen Länder einige Erfolge im Kampf gegen Masern verbuchen können - und für die Zukunft umfangreiche Impfkampagnen geplant. Die Ebola-Epidemie habe diese Pläne jedoch durchkreuzt. Viele Gesundheitszentren mussten schließen, andere wurden von den Menschen aus Angst vor Ansteckung gemieden.

Unter der Annahme, dass die Impfrate nach dem Ebola-Ausbruch um 75 Prozent zurückging, sei die Zahl der ungeimpften Kinder zwischen neun Monaten und fünf Jahren mit jedem Monat um durchschnittlich 19.514 gestiegen, ergaben die Berechnungen. Etwa 18 Monate nach Beginn der Ebola-Epidemie wären demnach mehr als 1,1 Millionen Kinder ungeimpft. Komme es dann zu einem Masern-Ausbruch, könnten mehr als 227.000 Menschen erkranken, zwischen 2.000 und 16.000 Menschen könnten dabei sterben, berichten die Wissenschafter weiter.

Weitere negative Folgen der Ebola-Krise

Einen Rückgang der Impfraten vermuten sie auch für andere, durch Impfungen vermeidbare Krankheiten wie Polio, Keuchhusten oder Tetanus. Der Zusammenbruch der Gesundheitssysteme habe darüber hinaus die Versorgung von Menschen mit HIV oder Tuberkulose behindert, auch Maßnahmen gegen die Verbreitung der Malaria seien eingestellt worden, nennen die Forscher weitere negative Folgen der Ebola-Krise. "Es kann eine lange Zeit dauern, bis sich die Gesundheitssysteme in der betroffenen Region davon wieder herholen", sagte der leitende Wissenschafter Justin Lesser von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland.

"In Liberia werden schon seit Jänner Masern-Fälle gemeldet", berichtete Mit Philips, Health Policy Analyst bei Ärzte ohne Grenzen in Brüssel. "Als direkte Reaktion darauf sind für die kommenden Wochen bereits Impfkampagnen in den betroffenen Regionen geplant."  Hierfür sei es auch nötig, das Vertrauen der Bevölkerung und der Beschäftigen im Gesundheitswesen in die Gesundheitssysteme zu stärken, das durch das Trauma der Ebola-Krise massiv gelitten habe.

WHO: Mehr als 10.000 Ebola-Tote

Die Ebola-Epidemie hat in den drei am schwersten betroffenen Ländern mittlerweile mehr als 10.000 Menschenleben gekostet. Das geht aus einer Ebola-Statistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervor. Danach ist die Zahl der in Guinea, Sierra Leone und Liberia bis zum 10. März registrierten Todesfälle auf 10.004 gestiegen, 43 mehr als einen Tag zuvor.

Ungeachtet des Überschreitens der 10.000er-Grenze ist die Epidemie aber weiter rückläufig. Wie die WHO am Mittwoch mitgeteilt hatte, wurden vergangenen Woche noch 116 neue Ebola-Fälle registriert - verglichen mit 132 in der Woche zuvor. Dabei waren in Liberia keine Neuinfektionen mehr gemeldet worden. Die neuen Fälle in Guinea und Sierra Leone konzentrierten sich auf Gebiete rings um die Hauptstädte Conakry und Freetown. Experten sehen die Konzentration auf nur noch einige Gebiete als gutes Zeichen.

Mitte Februar hatten die Staatschefs der drei Länder erklärt, es gebe berechtigte Hoffnungen, dass die mehr als ein Jahr zuvor ausgebrochene Epidemie bis Mitte April besiegt werden könne. Insgesamt sind derzeit laut WHO noch 24.350 Menschen an Ebola erkrankt.

(APA)

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