Kanzler Faymann und Vizekanzler Mitterlehner verteidigen im Nationalrat ihr 4,9 Milliarden-Entlastungspaket. Die Opposition kritisiert den fehlenden Umweltaspekt und vermisst eine "echte Strukturreform".
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) lobte am Mittwoch im Nationalrat das Steuerreformpaket, durch das „4,9 Milliarden Euro rund 6,4 Millionen Menschen entlasten“. Als zentralen Punkt nannte er die Senkung des Einkommensteuersatzes von 36,5 Prozent auf 25 Prozent. Weiters wurde die Lohnsteuer gesenkt, betonte der SPÖ-Obmann: „Das ist doch etwas Gewaltiges in einer Zeit, in der wir alle, europaweit, unter engen Budgetkorsetts leiden.“
Man habe die wenigen Spielräume genutzt und zugleich eine Gegenfinanzierung entworfen, deren Schwerpunkt die Betrugsbekämpfung darstellt. „Die zwei Milliarden haben wir nicht als Hoffnungsschimmer eingestellt“, so Faymann, sondern weil man mit dem Reformpaket auch die nötigen Instrumente – Stichwort: Registrierkasse und Betriebsprüfung – zur Verfügung gestellt habe. „Wir können nicht sagen, die Wirtschaft läuft so gut, das Wachstum sprießt überall“, rechtfertigte Faymann die Gegenfinanzierung. Sein Resümee: „Diese Steuersenkung ist ein wichtiger Markstein in der Republik.“
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Konjunkturbelebung, Entlastung der selbstständigen, unselbstständigen und pensionierten Bürger und die budgetneutrale Vorgehensweise seien die drei Ziele gewesen, die sich die Regierung vorgenommen habe, ergänzte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Die Reform werde die Konjunktur und den Arbeitsmarkt beleben, betonte der Wirtschaftsminister. „Nicht dabei ist die Erbschafts-, Vermögens- und Schenkungssteuer“, richtete Mitterlehner all jenen aus, „die nun bei der Grunderwerbssteuer alles umdrehen“. Sein Appell: „Schauen Sie nochmal nach.“ Nicht eine Partei profitiere von der Steuerreform, sondern „ganz Österreich“.
"Micky-Maus-Reform": Opposition übt Kritik
Vor der Erklärung durch die Regierungsspitze hatte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) die Klubobleute zu sich geladen, um über die Details der Reform zu informieren. Der Hintergrund: Die Regierung braucht für eine Aufweichung des Bankgeheimnisses und eine höhere Kapitalertragssteuer auf Dividenden die Stimmen der Grünen oder der FPÖ für eine Zweidrittelmehrheit. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ließ den Informationstermin bewusst sausen, wie er sagte. Eine so kurzfristige Geheimsitzung sei „unwürdig“. Das Entlastungspaket nannte er „eine Micky-Maus-Reform“, die auf Umschichtungen beruhe. „Wir haben die höchste Abgabenquote, der rot-schwarze Verwaltungsspeck ist noch da“, wetterte Strache.
Grüne-Klubobfrau Eva Glawischnig erkannte das „große Volumen, das hier bewegt werden soll“ zwar an, betonte aber, dass es „keine echte Steuer- und Strukturreform“ sei. Besonders stieß sie sich am fehlenden Umweltaspekt: „Österreich befindet sich im EU-Vergleich an sechstletzter Stelle was umweltschädliche Privilegien betrifft.“ Neos-Klubobmann Matthias Strolz nannte die Senkung der Lohnsteuer „überfällig“ und glaubte an eine „vorübergehende Erleichterung“. In Summe sei die Reform aus pinker Sichter aber „nicht genügend“. „Wir begrüßen die Traifreform und das Unternehmerpaket“, kommentierte die Klubobfrau des Team Stronach, Waltraud Dietrich, die Pläne der Regierung. „Absolut problematisch“ bewertete sie hingegen die Finanzierung der Reform.
Inhaltlich wurde freilich - weder im Plenum noch in der Klubobleute-Runde - noch nicht viel besprochen. Noch gibt es keine Gesetzesentwürfe, einige „Detailfragen" habe man aber bereits klären können, sagte SPÖ-Klubchef Andreas Schieder. Zudem habe Schelling über den parlamentarischen Zeitplan für die Steuerreform informiert, die bekanntlich im Juli, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, beschlossen werden soll.