Wien: Wie es mit Rot-Grün weitergeht

Häupl und Vassilakou wollen mehr Gespräche.
Häupl und Vassilakou wollen mehr Gespräche. Clemens Fabry / Die Presse
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In dem rot-grünen Krisengespräch wurden Selbstverständlichkeiten vereinbart. Das ist keine Basis, dürfte die Koalition aber über die Runden bringen.

Wien. Diese Beziehung ist kaum mehr zu kitten. Das zeigt nicht nur das Ergebnis des rot-grünen Krisengesprächs, das am Donnerstagabend im Rathaus über die Bühne ging, sondern auch atmosphärische Feinheiten: Maria Vassilakou ließ Michael Häupl rund zehn Minuten warten, bevor sie zum Krisengespräch erschien. Stunden zuvor hatte sie wieder mit einem Koalitions-Aus gedroht, das aber gleich wieder relativiert. Ursprünglich als Vier-Augen-Gespräch geplant, wurde es ein Gipfeltreffen („Koalitionsausschuss“). Vassilakou nahm Klubchef David Ellensohn und Landessprecher Georg Prack als Verstärkung mit, Häupl seinen Parteimanager Georg Niedermühlbichler. Nach dem „Versöhnungsgespräch“ traten Vassilakou und Häupl auch noch getrennt vor die Medien.

Es gibt aber ein Ergebnis: Die Koalition wird nicht beendet, die offenen Punkte des Regierungsprogramms in den Gemeinderatsausschüssen werden beraten und erledigt. Falls es dort keine Einigung gibt, wird die Causa zur Chefsache. Dazu kommt: Die Kommunikation soll verbessert werden. Es wird regelmäßige Treffen des rot-grünen Koalitionsausschusses geben, der normalerweise nur zusammentritt, wenn es massive Meinungsverschiedenheiten gibt.

(Fast) alles läuft wie bisher weiter

Die zentrale Frage lautet nun: Können diese Maßnahmen den rot-grünen Konflikt beenden? Die Antwort: Nein. Inhaltlich hat sich in der Koalition de facto nichts verändert.

Zur Erklärung: Offene Punkte des Regierungsprogramms wurden schon bisher in den jeweiligen Ausschüssen besprochen. Das ist eine absolute Selbstverständlichkeit, die nebenbei kaum einen rot-grünen Krach verhindern konnte. Wenn es im Ausschuss keine Einigung gibt, wird die Causa Chefsache. Das war auch schon bisher so. Im einzigen großen Streitfall (Wahlrecht) hat es die Koalition nicht weitergebracht – Häupl und Vassilakou konnten sich nicht einigen. Und: Regelmäßige Treffen des Koalitionsausschusses werden auch wenig bringen. Es ist anzunehmen, dass die dort vertretenen Spitzenvertreter wie Häupl und Vassilakou schon bisher miteinander Gespräche geführt haben. Und nicht nur in Krisenfällen in einem Koalitionsausschuss miteinander sprachen, der nebenbei beim Streitpunkt Wahlrecht auch noch versagt hat. Fazit: Es existiert weiterhin kein Mechanismus, der verhindert, dass ein rot-grüner Konflikt eskaliert.

Was bedeutet das für die restlichen sechs Monate bis zur Wien-Wahl? Bleiben atmosphärische Befindlichkeitsstörungen aus, wird die Koalition trotzdem halten.

Bis Oktober kaum Konfliktpunkte mehr

Denn es gibt sachpolitisch keine großen Konfliktpunkte mehr. Die SPÖ hat ihre wichtigsten Projekte bereits auf den Weg gebracht, und die Grünen benötigen die Zeit bis zum 11. Oktober dringend, um (für sie) wichtige Projekte noch umzusetzen. Sie werden einen Koalitionsbruch nicht bewusst provozieren, um z. B. die Fertigstellung der Mariahilfer Straße zu gefährden. Dazu kommt, dass die SPÖ die offenen grünen Projekte grundsätzlich mitträgt und Häupl absolut kein Interesse an vorgezogenen Wahlen besitzt. Immerhin sind die Umfragewerte für die SPÖ derzeit schlecht – weshalb Häupl auf Zeit spielt, in der Hoffnung, dass es für die SPÖ am spätestmöglichen Wahltermin besser aussieht. Und das ist der 11. Oktober, den Häupl bereits angekündigt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11. April 2015)

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