Das Land muss bei der Neuverschuldung auf die Bremse steigen. Kärnten akzeptiert – notgedrungen.
Wien. Hans Jörg Schelling hat ein Einsehen für die Kärntner: Der Finanzminister schickte am Dienstag einen unterschriebenen Vertragsentwurf in Richtung Süden. Inhalt: die Konditionen, zu denen die Kärntner künftig über die Bundesfinanzierungsagentur Geld aufnehmen können. Das Bundesland befindet sich da in einer Zwangslage: Nach schlechter Bewertung durch die Ratingagentur Moody's kann man sich auf dem freien Kapitalmarkt praktisch nicht mehr finanzieren. Bereits ab Ende Mai hätte Kärnten Liquiditätsprobleme gehabt.
Der Entscheidung sind mehrwöchige Verhandlungen vorangegangen, Schelling hat die Finanzierung an Bedingungen geknüpft. Die wesentlichste davon: Das Bundesland, das mit mehr als drei Milliarden Euro verschuldet ist und auch heuer ein Defizit von mehr als hundert Millionen Euro machen wird, muss seinen Haushalt nachhaltig in Ordnung bringen. Bis zuletzt wurde darüber verhandelt, welche Sanierungsziele dem Land abverlangt werden.
Kärnten hat angeboten, die im Stabilitätspakt erlaubte Neuverschuldung um zehn Prozent zu unterschreiten. Das würde bedeuten, dass das Land im kommenden Jahr statt 46,1 Millionen Euro nur 41,5 Mio. an neuen Schulden machen darf. 2017 wären es 50,6 statt 56,2 Mio. Euro. Schelling war das zu wenig, er forderte einen noch härteren Sparkurs ein. In der Landesregierung wurde am Dienstag noch kurz diskutiert, ob die Vorgabe akzeptabel ist. Am späten Nachmittag gab dann Kärnten grünes Licht. Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ) erklärte der der APA, man habe einen Kompromiss gefunden, der für beide Seiten akzeptabel sei.
Und weiter: „Eines ist aber klar, der Sparkurs des Landes muss noch weiter verschärft werden.“ Die Lösung verlange dem Land viel ab, lasse Kärnten und seiner Bevölkerung aber „Luft zum Atmen“, ergänzte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Der Vertrag wird heute, Mittwoch, der Landesregierung vorgelegt.
Viel Verhandlungsspielraum hatte die Landespolitik allerdings nicht. Immerhin hat Schelling frisches Geld zu attraktiven Zinsen angeboten. Die Zinssätze sind gestaffelt, mehr als 1,2 Prozent muss das Bundesland aber nicht zahlen. Auf dem freien Kapitalmarkt dagegen wären es wohl mehr als fünf Prozent.
Für Kärnten bedeuten die Vorgaben aus Wien unweigerlich, dass ein kräftiges Sparpaket geschnürt werden muss. Immerhin: Schelling gestand den Kärntnern zu, dass sie das selbst machen dürfen. Ursprünglich war er mit dem Plan in die Verhandlungen gegangen, dem Bundesland einen Maßnahmenkatalog vorzulegen und somit zu diktieren, wo Kärnten zu sparen hat. Die Summen, die es zu finden gibt, sind beträchtlich. Für das kommende Jahr hat das Land in seiner langfristigen Finanzplanung ein Minus von 83,3Millionen Euro vorgesehen. Da waren aber noch nicht die geringeren Einnahmen aus der Steuerreform vorgesehen – und auch nicht die höheren Ausgaben durch die neuen Arbeitszeitregeln für Ärzte. In Summe kann man davon ausgehen, dass bei einem Budget von zwei Milliarden Euro mehr als 60Millionen eingespart werden müssen, um auf unter 40 Mio. Euro Neuverschuldung zu kommen.
Vor Budget-Gipfel
Wie das gehen soll? „Es wird sicher einen Budgetgipfel geben müssen“, so eine Sprecherin von Finanzlandesrätin Gaby Schaunig. Man kann wohl davon ausgehen, dass nach dem derzeitigen Zahlungsstopp für vertraglich nicht fixierte Ausgaben der Geldhahn nicht wieder voll aufgedreht wird. Derzeit sind Subventionen für Sport- und Kulturvereine gestoppt, auch einzelne Maßnahmen im sozialen Bereich werden nicht mehr ausbezahlt, etwa Überbrückungszahlungen in Notfällen.
Die Landesregierung ist auch schon strukturelle Sparmaßnahmen angegangen. So wurde die Schließung von einzelnen Krankenhausabteilungen angekündigt, ebenso die Zusammenlegung von kleinen ländlichen Schulen. In dem Bereich wird vermutlich noch einiges kommen müssen.
Wie es weiter geht? Der formelle Beschluss soll noch nicht am Mittwoch erfolgen. Es wird dafür wohl eine Sondersitzung der Regierung geben. Wenn dann der Beschluss vorliegt, wird der Vertrag dem Budgetausschuss des Landtags zugeleitet. Am Donnerstag nächster Woche ist eine reguläre Landtagssitzung anberaumt, bei dieser soll dann die Vereinbarung mit dem Bund vom Landesparlament, das ja die eigentliche Budgethoheit hat, abgesegnet werden.
Kaiser und Schaunig hoffen nun nach eigenen Angaben , dass sich die Stimmung im Lande bald wieder bessern wird. Nun seien auch Investitionen wieder möglich, der Stillstand habe Wirtschaft und Menschen gleichermaßen zugesetzt. Kaiser: „Die in den letzten Wochen immer weiter um sich greifende negative Stimmung sollte in Kürze einer Aufbruchsstimmung weichen.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2015)