Nach dem Chrysler-Deal will Fiat nun auch bei Opel einsteigen. Das ist vielleicht allzu kühn – aber kein Grund für alte Ressentiments.
Zwei Dinge haben die Marken Fiat und Opel traditionell geteilt – den Spott und den Hohn. „Jeder Popel fährt 'nen Opel“, soll heißen: Was für ein biederes Gefährt! Aber für die biederen Deutschen war das weit besser als ein Fiat, den sie als „fehlerhaft in allen Teilen“ buchstabierten – also schlampig und wenig vertrauenswürdig, so wie die Gastarbeiter aus dem armen Süden. Doch die Vergangenheit gilt nicht mehr. Opel lieferte mit dem Insignia einen Mittelklassewagen, der nichts Biederes mehr an sich hat. Fiat-Chef Marchionne leistete weit mehr: Er entfernte in wenigen Jahren die letzten Rostflecken am Qualitätsimage seiner Marken.
Wenn er sich nun als der lang gesuchte Retter von Opel präsentiert, der die GM-Tochter aus den Klauen der moribunden US-Mutter befreit, so klingt das nach Größenwahn: Fiat ist zwar saniert, aber immer noch hoch verschuldet. Beide Firmen haben riesige Überkapazitäten und bedienen auch noch die gleichen Märkte. Eine Megafusion mit GM Europe und Chrysler ist für Fiat eine Flucht aus der Krise in eine ungewisse Zukunft.
Aber recht betrachtet, hat Opel kaum Alternativen: Man braucht einen industriellen Investor, der Autos bauen kann und zur kritischen Menge verhilft. Das trifft weder auf Oligarch Deripaska zu, den Magna als Kapitalgeber vermitteln will, noch auf ominöse arabische Scheichs. Die Deutschen täten gut daran, ihre alten Vorurteile und ihren verletzten Stolz zu verschrotten. In der Krise gibt es dafür ja sogar eine Prämie.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2009)