Nicht erst durch die Ukraine belastet

Der heutige Ratspräsident Tusk (damals noch polnischer Premier) und Russlands Präsident Putin auf einem Archivbild
Der heutige Ratspräsident Tusk (damals noch polnischer Premier) und Russlands Präsident Putin auf einem ArchivbildEPA
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EU-Russland. Seit der Wende sucht die EU eine Annäherung an Russland. Aber das Verhältnis ist von immer neuen Rückschlägen geprägt.

Die Ukraine-Krise hat die Beziehungen zwischen der EU und Russland belastet. Gegenseitige Beschuldigungen bezüglich der Eskalation und der kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten des Landes sorgen für eine schwerwiegende Krise. Die von den EU-Staaten verhängten Sanktionen haben die Gesprächsbasis fast gänzlich zerstört. Aber es ist nicht der erste Rückschlag in diesem schwierigen Verhältnis.

Russland hat durchaus andere außen- und sicherheitspolitische Interessen als die EU und verteidigt diese nicht selten mit machtpolitischen Mitteln. Sei es nach der Wende im zerfallenen Jugoslawien oder im Kaukasus-Krieg 2008 in Georgien. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht gibt es Konfliktpunkte, etwa bei der Gasversorgung der EU-Mitgliedstaaten oder bei der immer wieder als politisches Mittel eingesetzten Handelspolitik durch Moskau.

Seit 1994 besteht ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Russland. Als es 2007 auslief, bemühten sich beide Seiten um einen neuen Vertrag. Doch auch hier waren die Interessenkonflikte kaum zu überwinden. Das ehemalige Abkommen wird deshalb jährlich ohne Substanzgewinn verlängert. Immer wieder trafen die Spitzen der EU mit der russischen Führung zusammen. Es ging um einen verbesserten bilateralen Handel, um eine Angleichung von Rechtsnormen. Heikle Fragen, wie eine Visumsfreiheit für russische Bürger, die sich frei in Europa bewegen wollen, konnten aber bis heute nicht gelöst werden. Seit der Annexion der Krim und den darauffolgenden Wirtschaftssanktionen der EU-Mitgliedstaaten liegen diese Verhandlungen nun völlig auf Eis. Für die EU-Staaten ist Russland als Wirtschaftsraum freilich weiterhin interessant. Allein zwischen 2003 und 2012 stiegen beispielsweise die deutschen wie auch die österreichischen Exporte um das Dreifache. So wurde beispielsweise für die Lebensmittelbranche der russische Markt zunehmend attraktiv.

Gegenseitige Abhängigkeit

Die russische Führung hat angesichts der Ukraine-Krise immer wieder betont, dass sie sich auch Richtung Osten orientieren könnte. Tatsache ist, dass Russland auch selbst von seinen Energieexporten in den Westen abhängig ist. Außerdem gibt es eine kulturelle Nähe, die viele russische Staatsbürger eher an Europa binden als an Asien. Wohl auch deshalb will der Auswärtige Dienst der EU in diesen schwierigen Phasen ebendiese kulturellen Bande weiter fördern. (wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)

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