EU/China-Beziehungen. Die Angst vor der wachsenden wirtschaftlichen Kraft Chinas überdeckt die stetig verbesserten Beziehungen zwischen Brüssel und Peking.
In der Handelspolitik wächst China zu einem der großen Konkurrenten der EU heran. Einerseits profitieren beide Seiten voneinander. China ist nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner der EU geworden. Andererseits verdrängen Billiganbieter aus China auf dem Sektor der Konsumgüter immer öfter ihre teurere europäische Konkurrenz vom Markt. Diese Zweischneidigkeit hat seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen im Jahr 1975 aber auch zur engeren Zusammenarbeit beigetragen.
Differenzen bei der Sicherheit von chinesischen Produkten oder Kontroversen im Klimaschutz prägten zwar das Verhältnis, dennoch kam es schließlich zu einem konstruktiven Dialog. Mittlerweile arbeitet die EU etwa in Fragen der Produktsicherheit eng mit Peking zusammen. Die chinesische Verwaltung hat mittlerweile 3000 von EU-Stellen aufgedeckte Fälle untersucht und großteils bereinigt. Obwohl China die ehrgeizigen Klimaschutzpläne der Europäer nicht teilt, wurde auch hier ein regelmäßiger Dialog eingerichtet, um etwa bei der Klimakonferenz in Paris enger zusammenarbeiten zu können.
Jährlich finden Treffen auf höchster Ebene zwischen EU-Repräsentanten und der chinesischen Führung statt. Seit Kurzem wurde mit Vorbereitungen für ein Handelsabkommen begonnen. Peking hat vor allem Interesse an einem freien Zugang zum EU-Binnenmarkt und an einer technologischen Zusammenarbeit. Die EU hat hingegen Interesse an hohen Standards und Rechtssicherheit. Auch hier gab es eine erste Annäherung. Konflikte wegen Produktpiraterie chinesischer Betriebe haben zu einer engeren, aber geordneten Kooperation bei technologischen Entwicklungen geführt. Beispiel ist die Kooperation bei der Weiterentwicklung der Satellitennavigation oder in der Raumfahrt.
Die EU beobachtet allerdings auch Chinas strategische Interessen in der Pazifikregion und in Afrika aufmerksam. Brüssel und Peking trennt nicht nur eine unterschiedliche kulturelle Tradition, sondern auch ein anderer Zugang zu Menschenrechten und Demokratie.
Dort, wo es in beiderseitigem Interesse liegt, ist die Kooperation aber oft rascher zu realisieren als mit anderen globalen Partnern. Als etwa die Piraterie vor dem Horn von Afrika eskalierte, beteiligte sich auch Peking an einem internationalen Einsatz zum Schutz der Handelsflotten. (wb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)