Neues zur Lage der Gründernation Österreich

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Zaghaft bei der Einstellung von Mitarbeitern, wenig Frauen, dafür international aufgestellt und mit Durchhaltevermögen. Zwei Studien ergründen, wie es um österreichische Jungunternehmer tatsächlich bestellt ist.

Das Gedeihen der österreichischen Start-up-Szene hat zur Folge, dass sich Studien immer intensiver und detaillierter mit dem heimischen Gründer-Ökosystem auseinandersetzen. So legt der Global Entrepreneurship Monitor 2014 (GEM), ein Bericht über die Lage des österreichischen (Jung-)Unternehmertums, heuer erstmals den Fokus auf Unternehmen, die auf Forschung, Technologie und Innovation (FTI) spezialisiert sind (siehe auch Seitenspalte.) Der Austrian Tech Exit Report 2015 setzt sich mit dem Thema Fusionen und Übernahmen (Mergers&Acquisitions) in der Tech-Branche und deren Auswirkungen auf die Start-up-Szene auseinander. Die „Presse am Sonntag“ fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Jungunternehmer werden immer jünger. Im Jahr 2014 gründeten laut GEM 33,6 Prozent der Jungunternehmer (wobei sich das Wort jung in der Bezeichnung ja auf das Alter des Unternehmens und nicht des Unternehmers bezieht) in der Altergsgruppe 25 bis 34 Jahre. Im Jahr 2007 waren es nur 16,1 Prozent. Die 2007 mit 35 Prozent noch dominierende Gruppe der 45- bis 54-Jährigen ist hingegen 2014 auf 23,6 Prozent zusammengeschrumpft.

Weniger Frauen gründen. Der Frauenanteil bei den Jungunternehmen ist seit 2012 wieder rückläufig. Im Jahr 2014 betrug er 40,5 Prozent nach 42,6 Prozent im Jahr 2012. Einen deutlichen Anstieg hat es im Vergleich zum Jahr 2007 gegeben, als der Frauenanteil unter den Unternehmensgründern noch 38 Prozent betrug.

• Mit der Rate der frühen unternehmerischen Aktivität (TEA-Rate, umfasst Vorgründer und Jungunternehmer) befindet sich Österreich mit Platz 13 im vorderen Mittelfeld im Ranking der 29 innovationsbasierten Länder. Im Jahr 2014 waren 470.000 Personen, also 8,7 Prozent der Österreicher, mit einer Unternehmensgründung beschäftigt oder als Inhaber bzw. Geschäftsführer in einem neuen Unternehmen (>3,5 Jahre) tätig. Das ist eine Verbesserung zum Jahr 2007, als Österreich mit 2,4 Prozent im Ranking den letzten Platz einnahm. Im Jahr 2012 lag Österreich dafür besser: nämlich auf dem 5. Platz. 

Österreichische Jungunternehmer schaffen im internationalen Vergleich wenig Arbeitsplätze. Betrachtet man Unternehmen mit hohen Wachstumseinschätzungen, erwarten nur 9,6 Prozent der Gründer in den kommenden fünf Jahren ein Beschäftigungswachstum von zehn oder mehr Stellen. Im spitzenplatzierten Land Taiwan erwarten das 37 Prozent der Gründer, im viertplatzierten Irland und in der Slowakei, den bestplatzierten europäischen Ländern im Ranking, sind es 27 und 26 Prozent.

Der GEM-Report erwartet daher „keinen besonderen Impuls auf die heimische Beschäftigungsentwicklung“. Problematisch ist diesbezüglich auch der Anstieg der Einpersonenunternehmen (EPU) unter den Jungunternehmen. 44,4 Prozent davon waren 2014 ein EPU – das ist ein Anstieg um elf Prozent im Vergleich zu 2012.

Von diesen Einpersonenunternehmen erwartet über die Hälfte auch bis 2019 nicht, dass neue Mitarbeiter angestellt werden.

• Bei der Nutzung aktueller Technologien gibt es seit 2007 einen Rückgang. Vor acht Jahren nutzten noch 14,1 Prozent der Jungunternehmen die jeweils aktuellste Technologie, 2014 waren es nur mehr 6,2 Prozent. Der Report weist das als Risiko für die internationale Wettbewerbsfähigkeit aus.

• Gut schneiden österreichische Jungunternehmen bei der Internationalisierung ab. Mit Rang vier liegt Österreich hier im Vergleich der innovationsorientierten Unternehmen im Spitzenfeld.

• Erfreulich ist auch die geringe Aussteigerquote. Lediglich 3,1 Prozent der Jungunternehmerinnen gaben 2014 ihre unternehmerische Tätigkeit auf. Im Jahr 2012 waren es noch 7,3 Prozent – ein Rückgang um knapp die Hälfte.

• Die Angst vor unternehmerischem Scheitern hat sich im Vergleich zu 2012 kaum verändert. 23,5 Prozent waren 2014 davon betroffen.
Tech-Exits. Einen Blick auf die in Österreich realisierten Übernahmen und Fusionen (M&A) in der Tech-Branche wirft der Austrian Tech Exit Report von i5Invest. Laut diesem Bericht haben im IT- und Tech-Sektor nahezu ein Drittel der gesamten Unternehmens-Transaktionen stattgefunden. Damit hat sich der Tech-Anteil an den gesamten Transaktionen seit 2012 verdoppelt.

• Österreichische Risikokapitalgeber haben 2014 einen Betrag von 106 Mio. Euro investiert, nach 86 Mio. Euro im Jahr 2013. Wobei die Frühphasenfinanzierung seit 2012 bei rund 25 Mio. Euro im Jahr stagniert. 57 Prozent der Transaktionen im Tech- und IT-Sektor wurden von ausländischen Risikokapitalgebern getätigt, über ein Drittel davon stammt aus Deutschland.

Der Report betont die Wichtigkeit von Exits für das Start-up-Ökosystem, da sie Serial Entrepreneurs schaffen. Diese gründen nach dem Exit entweder neu oder werden selbst als Risikokapitalgeber aktiv.

Lexikon

Exit. Geplanter Ausstieg von Private-Equity- oder Venture-Capital-Gesellschaften aus einer Beteiligungsanlage zur Realisierung einer finanziellen Rendite.

Mergers & Acquisitions (M&E).Sammelbegriff für Transaktionen im Unternehmensbereich wie Fusionen, Unternehmenskäufe, Betriebsübergänge oder fremdfinanzierte Übernahmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2015)

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