Terrorprozess mit „Kopfweh-Zeugen“

Archivbild: Der Prozessstart im Jänner
Archivbild: Der Prozessstart im JännerAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Im Kremser Terrorprozess gegen den Flüchtling Magomed Z. kam die Justiz zuletzt nicht vom Fleck. Auch die Fortsetzung geriet zum (Hitze–)Marathon.

Krems. Bei knapp 40 Grad Celsius, von Klimaanlage keine Spur, wurde am Dienstag im Landesgericht Krems der Terrorismus-Prozess gegen den tschetschenischen Asylwerber Magomed Z. fortgesetzt. Der 30-Jährige war im Dezember 2013 aus dem nordsyrischen Grenzgebiet nach Österreich gereist, um hier seine ausgeprägte Sehschwäche ärztlich behandeln zu lassen. War er zuvor mit Landsleuten nach Syrien gefahren, um sich der Terrororganisation IS, dem Islamischen Staat, anzuschließen? Hat er Schießübungen absolviert? Die Anklage bejaht dies. Z. winkt ab. Er habe Flüchtlingen helfen wollen.

Dienstagmorgen: Das Sicherheitsaufgebot im Kremser Landesgericht ist gewohnt üppig. Einige Männer tragen Maschinenpistolen, andere sind durch Anstecknadeln als Verfassungsschützer erkennbar. Die Justizwache ist wieder einmal schwarz maskiert und trägt schwere Splitterschutzwesten. Allein: Der Computer im eigens reservierten größten Gerichtssaal (Saal G) lässt sich nicht hochfahren. Kurzfristig wird entschieden, die Verhandlung in einen anderen Saal zu verlegen. Dieser ist viel kleiner, hingegen ist die Hitze dort viel größer.

Hinter zwei dicken weißen Kerzen und einem Kruzifix sitzend eröffnet Richterin Monika Fasching-Lattus die Verhandlung gegen den mutmaßlichen Islamisten. Genau genommen ist es die Fortsetzung einer im Jänner begonnenen, im Februar weiterverhandelten und damals erneut vertagten Verhandlung.

Auch im neuen Saal macht die Technik Probleme. Aber nur anfänglich. Dann steht die Leitung für eine Videokonferenz mit vier Zeugen, die in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny auf ihre Einvernahme warten.

Die Richterin im obligaten (für derlei Temperaturen freilich nicht gemachten) schwarzen Talar kühlt ihr Gesicht mit einem kunstvoll verzierten Fächer. Andere tun dies mit Papieren. Die Zeugen erweisen sich sehr rasch als unergiebig. Warum sie denn nach Syrien gefahren seien? „Um Flüchtlingen zu helfen“, heißt es mehrfach wortgleich.
Ein Zeuge gibt als Draufgabe seine Interpretation von Jihad zum Besten: „Das bedeutet, armen Leuten zu helfen.“ Der Angeklagte (Verteidiger: Wolfgang Blaschitz) sei ein „sehr guter Mensch“, fügt dieser Zeuge an.

Jemand, der endlich „heiraten sollte“. Als IS-Kämpfer tauge Z. wegen seiner Sehschwäche sowieso nicht (der Zeuge drastisch: „Er ist blind“). Dann sagt der im fernen Grosny vor einer Videokamera sitzende Mann zum Erstaunen der Luft fächelnden Richterin: „Jetzt reicht es. Ich habe Kopfschmerzen und hohen Blutdruck.“ Ein paar Fragen muss er noch aushalten. Die anderen Zeugen haben mehr Ausdauer. Ihre Befragung dauert Stunden.
Das Urteil wurde erst spät in der Nach gefällt.


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