Feiern am Meer, am See und in der Stadt

ROCK IN VIENNA: BESUCHER
ROCK IN VIENNA: BESUCHERAPA/HERBERT P. OCZERET
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Im Urlaub lassen sich wiederholt Dinge tun, für die sonst die Alltagsnebenwirkungen zu groß wären: ein Partyausflug nach Rimini, wieder jung auf dem Festival oder einfach nur schick in Kärnten sein.

Urlaub ist ja eigentlich zum Erholen da. Liegestuhl, Wasser, gepflegter Spritzer, Sonne. Buch. Alles wird gut. Nur wenn das einmal erledigt ist, dann tritt für viele Punkt zwei auf den Plan. Im Urlaub kann man wiederholt Dinge tun, für die sonst die Alltagsnebenwirkungen zu groß wären. Wie etwa bis vier Uhr früh tanzen, Musik hören, bis die Nachbarn mitfeiern, dem jugendlichen Eskapismus auf Festivals frönen, Cocktails trinken, auch wenn einem am nächsten Tag schlecht ist. Die Nacht wird zum Tag gemacht oder, wie in Wien seit Neuestem, der Tag zur Nacht. Fünf Partylocations und ihre Nebenwirkungen.

Die Schicken in Velden, der Rest verstreut: Party an Kärntner Seen.

Ausgehen in Kärnten hat zwei Saisonen: fortgehen und fortgehen am See. Im Winter trifft man sich in Clubs, Bars, auf dem Christkindlmarkt. Ab dem Frühling startet die Vorsaison am See. Je nach See überwiegt der Anteil an Deutschen, Steirern oder gar Italienern. Als Einheimischer ist man quasi der begehrenswerte Exot (das Phänomen kennen Tiroler Skilehrer nur zu gut), als „Gast bei Freunden“ frisches Flirtmaterial. Nicht umsonst gelten Kärntner als charmant – man hat ja jahrelange Übung. Die Schicken treffen sich in Velden, der Rest verstreut sich über Pörtschach oder die restlichen Kärntner Seen.

Natürlich locken die großen Events: Die Autonarren fahren zum GTI-Treffen (Wörthersee), der Villacher Kirchtag (zugegeben, nicht direkt am See, Ende Juli) lockt diejenigen, denen das Oktoberfest die alpenländische Tradition zu wenig hochhält. Die Starnacht am Wörthersee – quasi das Äquivalent zur Skihüttengaudi – ist eher etwas für Menschen mit dehnbarem Musikgeschmack. Und natürlich gibt es am Wörthersee noch das Beachvolleyballturnier samt Partys (Ende Juli) und die Fête Blanche (Anfang Juli) mit ihrem strengen Dresscode. Abseits vom See war „Ackern“ lang Mode – man trinkt in einem abgeernteten Feld Spritzwein und hofft, dass kein Raucher einen der herumliegenden Strohballen anzündet. Am See war es aber immer am schönsten. Früher saß man abends auf den Holzstegen zusammen – das ist heute leider nicht mehr erlaubt, zu oft landeten Flaschen im Wasser. Nächtens ging man schwimmen: Verschwitzt vom Tanzen sprang man – wenig oder nicht bekleidet – ins Wasser. Ein wenig gefährlich ist das schon, aber allein tat man das sowieso nie. her

Ibiza: Feiern und tanzen, bis Giorgio Armani kommt.

Ibiza ist schön: felsig im Norden, flüssig im Süden. Die Inselgäste bedienen alle Stereotypen: Tanzende, Betrunkene, Paarungswillige, Immerwache, ein paar Hippies gibt es auch, und die Reichen schwanken auf ihren polierten Booten. Die Inseljungfrauen ziehen ins Pacha, Fortgeschrittene ins Ushuaia, gut Eingecremte ins Bora Bora, Vermögende ins Blue Marlin, Ruhesuchende an den Experimental Beach. Eine Nacht haben wir im Space bei Hercules and Love Affair verbracht, die genauso wild sind wie das Image der Insel. Also noch.

Dass Teile Ibizas vielleicht nicht mehr an dem lässigen Partykalender und dem passenden Publikum hängen, zeigte sich zuletzt, als ein ibizenkischer Sozialist das Namensrecht an „Ibiza Shore“ kaufte. Er wolle damit die Pläne für die gleichnamige Teenager-machen-eine-wilde-Reise-Reality-Show des Senders MTV durchkreuzen. Er befürchte erhebliche Nachteile für das Ansehen der Insel, sagte Vincent Torres dem „Guardian“. „Wenn wir das irgendwie aufhalten können, werden wir es tun.“ Man müsse sich laut dem Politiker weniger auf die peinlichen Klischees und die betrunkenen Teenager konzentrieren als auf die feinen Gäste, die nicht mehr an der Côte d'Azur, sondern auf Ibiza und der Nachbarinsel Formentera relaxen wollen. Heuer waren schon Schauspieler Will Smith, Formel-1-Fahrer Nico Rosberg und Designer Giorgio Armani hier baden. Was die für ihre Strandliegen zahlen? sh

Brennende Zelte versus Essen vom Haubenkoch: das Festival.

„Kids are running around naked, fuckin' in the bushes.“ Diese Tonspur verbaler Entrüstung stammt aus der analogen Vergangenheit. Genauer gesagt vom legendären Isle of Wight Festival 1970, bei dem The Doors, Jimi Hendrix und The Who auftraten. Im Jahr 2000 fungierte „Fuckin' in the Bushes“ als Intro für Oasis-Konzerte, auch für jenes beim Reading Festival. Obwohl vom Line-up begeistert (Pulp, Beck, Primal Scream), sollte es mein einziges Festivalwochenende in einem Zelt bleiben. Das mag an der nicht regenfesten Behausung, an den überschaubaren sanitären Einrichtungen oder an pyromanischen Ausprägungen mancher Besucher (ja, direkt nebenan brannten Zelte!) liegen. Oasis gibt es längst nicht mehr. Wohl aber Festivals. Ja, sie sind nach wie vor Orte des jugendlichen Eskapismus. Es wird gefeiert, getrunken, getanzt. Und nicht selten entdeckt man neue Musik für sich. Gegessen werden muss selbstverständlich auch. Festivals sind bekanntermaßen die Tage der kalorienreichen P&P-Menüs, sprich Pizza und Panier. Der Trend der bewussteren Ernährung macht aber auch hier nicht Halt. Pop-up-Restaurants und die Anwesenheit von Haubenköchen sind keine Seltenheit mehr. So hat das Frequency in St. Pölten mittlerweile sein eigenes Streetfood-Festival. Nackt herumrennen müssen die Kids heutzutage übrigens ebenso nicht mehr. Den vielen Merchandising-Ständen sei gedankt. mtp

Untertags baden, nachts am italienischen Ballermann feiern.

Auf die Gefahr hin, dass man den einen oder anderen Einheimischen beleidigt: Eine architektonische Hochburg ist Rimini nicht. Ja, man kann sich den Tempio Malatestiano, also den Dom, ansehen. Die Tiberius-Brücke ist auch ein schickes Fotomotiv. Die Sehenswürdigkeiten hat man dann allerdings recht bald abgehakt. Macht aber nichts. In die Stadt an der italienischen Adriaküste fährt man ohnehin hauptsächlich, um tagsüber zu baden und nächtens zu feiern. Manchmal auch umgekehrt. Man könnte Rimini fast den italienischen Ballermann nennen: ein Haufen Touristen aus dem Norden, viele aus deutschsprachigen Ländern, die vor allem eines machen wollen – Party. Die Bedingungen dafür sind perfekt: billige Jugendherbergen, viele Discos (die bekannteste ist wohl Carnaby, jeder Rimini-Besucher landet früher oder später dort) und jede Menge Gleichgesinnte. Vor dem Fortgehen flaniert man die Strandpromenade entlang, gönnt sich ein Eis, isst eine Pizza oder einen köstlichen Fisch. Schließlich ist man in Italien. Auch als Schüler kann man sich mit dem ersten selbst verdienten Geld locker eine Woche Auszeit an der Adria leisten. Wer kein Auto hat, reist einfach mit dem Zug an. Die Abteile sind in Italien zwar meistens überbelegt. Aber auch das macht nichts. Wenn man sich auf die Ferien freut, kann sogar das Sitzen am Gang einen gewissen Charme entwickeln. Und man ist nicht allein. Die Freunde feiern schließlich mit. ib

Die Nacht zum Tage: Wiener feiern Open Airs und bei Sonne.

Fast könne man meinen, sie wurden für Städter entwickelt, die auf Kurzurlaub in der eigenen Stadt sind: die zunehmende Zahl an Open-Air-Festivals, die in Wien untertags und mit Begeisterung auch in der Nähe des Wassers (Donau, Donaukanal) abgehalten werden. Die Veranstaltungen starten meist zu Mittag, dann noch mit entspannten Technoklängen, die mit fortschreitendem Nachmittag immer härter werden– ebenso wie die Schlangen vor den Wein-, Bier- und Cocktailständen länger. Egal, die Selbstversorger haben ohnehin ihren eigenen Proviant dabei. Die Erstbesucher haben dafür mit Sicherheit den Pullover für den späteren Abend (ja, in Wien kann es kalt werden, wenn einmal keine Hitzewelle herrscht) vergessen. Die einen nehmen es mit Humor, die anderen steigen auf Hochprozentiges um. Lang müssen sie es nicht aushalten, gegen zehn Uhr oder Mitternacht wird das Freiluftfest meistens in eine After-Party-Location verlegt. win

www.facebook.com/openairwien

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2015)

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