Ein Wiener Derby mit Seltenheitswert

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Erstmals seit fast acht Jahren treffen im Wiener Derby zwischen Austria und Rapid die beiden bestplatzierten Mannschaften aufeinander. Rapid führt zur Pause mit 3:1.

Wien. Thorsten Fink ist noch nicht allzu lange Trainer der Wiener Austria, von der jüngeren Geschichte des Vereins und der Bundesliga hat sich der Deutsche aber dennoch ein vages Bild gemacht. „Wann war es das letzte Mal, dass in einem Derby der Erste gegen den Zweiten spielen durfte?“, fragte der 47-Jährige im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag, wohl wissend, dass Duelle zwischen Austria und Rapid zuletzt oftmals keine echten Spitzenspiele waren.

Tatsächlich bot sich eine solche Ausgangslage das bislang letzte Mal vor knapp acht Jahren, als sich beide Klubs am 25. November 2007 im Horr-Stadion torlos trennten – die Austria konnte dadurch ihre Tabellenführung behaupten. Im heutigen 314. Wiener Derby (20.30 Uhr, live in ORF eins, Sky) kommt Rapid als Spitzenreiter nach Favoriten, die ebenfalls ungeschlagene Austria mimt den ersten Verfolger der Hütteldorfer. Mit 12.500 Zuschauern ist das Spiel ausverkauft, die Wichtigkeit des Kräftemessens ist unbestritten. Fink möchte eine engagierte Austria-Elf sehen, die erstmals mit dem Innenverteidigerduo Vanče ?ikov und Patrizio Stronati beginnen dürfte. Fink sagt: „Wir müssen einen kühlen Kopf und ein heißes Herz haben.“

Trotz des gestiegenen Selbstvertrauens ist der Respekt vor den Gästen groß. „Man muss sehen, dass uns Rapid voraus ist“, betont Sportdirektor Franz Wohlfahrt, der dennoch ein Duell auf Augenhöhe erwartet. „In einem Derby gibt es keine Favoriten und Außenseiter.“ Dieselbe Meinung vertritt Rapid-Trainer Zoran Barišić. „Es ist auch egal, wer in welcher Form ist, wer daheim oder auswärts spielt.“

Barišić und die Qual der Wahl

Rapid kann im Jahr 2015 auf eine stolze Statistik verweisen, von 20 Ligaspielen verlor man nur eines – Anfang März setzte es als eigentlich bessere Mannschaft wegen einiger Unkonzentriertheiten eine 1:2-Niederlage bei der Austria. „Das darf diesmal nicht passieren“, mahnt Barišić, der in der Offensive die „Qual der Wahl“ hat, wie er selbst feststellt. Auf der rechten Seite könnte Louis Schaub, mit zwei Treffern der Held von Amsterdam, den Vorzug gegenüber Philipp Schobesberger bekommen. „Mir als Trainer tut es sehr weh, wenn ein Spieler auf der Bank sitzt oder gar nicht auf dem Blankett steht. Aber ich bin Trainer, kein Animateur“, hält der 45-Jährige fest.

Die „neue“ Austria ist gerade dabei, unter der Führung von Thorsten Fink ein Selbstverständnis zu entwickeln. „Da sind eine andere Energie, andere Vorstellungen und andere Ideen in dieser Mannschaft drin. Spielerisch haben sie sehr viel Qualität“, sagt Barišić, der von einem offenen Schlagabtausch bei hohen Temperaturen ausgeht. „Beide Mannschaften sind gut drauf. Ich erwarte ein enges Spiel, aber wir fahren mit sehr viel Zuversicht und Selbstvertrauen dorthin. Wir wollen unbedingt gewinnen.“

Auch Rapids Sportdirektor, Andras Müller, fiebert dem Spiel entgegen. Der Deutsche kann der Auferstehung in Violett durchaus Positives abgewinnen. „Die Austria ist gut gestartet, das ist wichtig und auch für die Liga gut“, meint Müller, der trotz der hohen Belastung der vergangenen Wochen den größtmöglichen Einsatz seines Teams erwartet. „Wir müssen alle 100 Prozent abrufen, sonst ist ein Spiel für uns nicht zu gewinnen.“
Am Wochenende zeigte Rapid beim 2:1-Heimsieg gegen den WAC erst in der zweiten Halbzeit sein wahres Gesicht. „Die erste Halbzeit habe ich vergessen“, sagt Barišić über die bisher schwächsten 45 Minuten seiner Mannschaft in der laufenden Saison.

Mögliche Aufstellungen

Austria: Almer – Koch, ?ikov, Stronati, Martschinko – Vukojević, Holzhauser – Gorgon, Grünwald, Kayode – Zulechner.

Rapid: Novota – Auer, Sonnleitner, Dibon, Stangl – Petsos, Grahovac – Schaub, S. Hofmann, F. Kainz – Berić.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2015)

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