Zwei Schülerinnen, die von Österreich nach Syrien reisen und mit IS-Kämpfern Familien gründen wollten, wurden in Graz verurteilt.
Zwei junge Frauen wurden am Montag im Graz Straflandesgericht wegen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung von einem Schöffensenat schuldig gesprochen. Die in Graz wohnhaften Mädchen mit tschetschenischen Wurzeln sollen im Vorjahr via Internet IS-Kämpfern in Syrien die Heirat und Unterstützung im Jihad versprochen haben. Sie wurden zu 14 bzw. zwölf Monaten Haft verurteilt. Die Strafen wurden für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig, da die Mädchen um Bedenkzeit gebeten hatten. Das Gericht verordnete außerdem Bewährungshilfe.
Die beiden Jugendlichen - sie trugen beide Kopftuch - nahmen am Montag auf der Anklagebank Platz. Eine dritte Verdächtige, die im März noch gemeinsam mit ihnen in Untersuchungshaft war, fehlte jedoch. Sie hatte sich nach der Entlassung offenbar tatsächlich nach Syrien abgesetzt. Gegen die 20-Jährige besteht seither ein europäischer Haftbefehl.
Eheversprechen via Skype
Den beiden anwesenden Schülerinnen lastet die Staatsanwaltschaft Graz das Verbrechen der terroristischen Vereinigung (§278b (2) StGB) in der Entwicklungsstufe des Versuchs an. Sie wurden über eine Frau, die Mitglied des "Islamischen Staat" (IS) ist, per Internet angeworben, um von Österreich nach Syrien auszuwandern: "Die Frauen werden angeschrieben, es sei ihre Pflicht, sich dem IS anzuschließen und mit den Kämpfern Familien zu gründen, um die Herrschaft zu stützen", erklärte der Staatsanwalt. Das sei "soziale Hehlerei".
Die ältere der beiden Schülerinnen, sie ist 17, hatte bereits im Spätsommer 2014 einem Kämpfer via "Skype" das Eheversprechen gegeben und ist damit nach islamischem Ritus verheiratet. Die andere Jugendliche (16) ist mit einem IS-Anhänger verlobt, führte der Staatsanwalt aus. Beide sollten Ende Dezember 2014 über Ungarn und die Türkei nach Syrien zu den Männern fahren, verschoben die Reise aber ins Frühjahr. Bevor es dazu kam, nahm die Polizei sie im März fest.
Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass beide genau wussten, worauf sie sich einließen und was sie unterstützten. Die 17-Jährige hatte etwa auf ihrem Handy ein Propagandavideo, auf dem zu sehen ist, wie ein Gefangener des IS bei lebendigen Leib verbrannt wird. Auf einem anderen sei zu sehen gewesen, wie über eine geköpfte Leiche auf der Straße gespottet wird, so der Staatsanwalt. Ihm zufolge hätten die Mädchen mit den Kämpfern eine "Zelle zur Verbreitung des IS" bilden wollen.
"Millionen Frauen, die gleiches machten"
Der Verteidiger der beiden sprach davon, dass die Mädchen verführt worden seien: "Es wurde mit ihnen Kontakt aufgenommen und nicht umgekehrt." Außerdem meinte er, dass in der Geschichte noch keine einzige Frau verurteilt worden sei, weil sie einen Mann geheiratet hat und ihm Kinder versprach: "Es gibt Millionen Frauen auf der Welt, die bisher gleiches machten." Man müsse den Fall von der subjektiven Seite sehen: "Die beiden sind tief religiös und dachten im Heiligen Krieg mitzuhelfen", so der Anwalt. Für die Mädchen sei es kein Terror. Nun hätten sie aber erkannt, dass es falsch ist, nicht nur rechtlich, auch menschlich. Daher seien sie auch nicht - wie die dritte Verdächtige - ausgereist.
Bevor die beiden Angeklagten befragt wurden, schloss das Gericht die Öffentlichkeit auf Antrag der Verteidigung aus. Bei den Beschuldigten handle es sich um Minderjährige, deren künftige Chancen durch den Ausschluss gewahrt bleiben sollen. Erst zur Urteilsverkündung werden Zuschauer und Medien wieder zugelassen.
(APA)