Ticker-Nachlese Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sieht die Verantwortung für das Hypo-Debakel bei seinen Nachfolgern. Zu seinem Strafverfahren gab er sich wenig auskunftsfreudig.
Karl-Heinz Grasser im Hypo-Untersuchungsausschuss – das bedeutet Show auf höchstem Niveau. Der frühere Finanzminister nutzte seinen Auftritt bei hohem Medieninteresse für einen eloquenten Vortrag, in dem er mit Versäumnissen seiner Nachfolger in Sachen Hypo abrechnete. Auch lieferte er sich heftige Wortgefechte mit Abgeordneten, sodass Nationalratspräsidentin Doris Bures mehrmals einschreiten musste. Sie rügte sowohl Abgeordnete für angriffige Fragestellungen, als auch Grasser, als der dem Verfahrensanwalt das Wort erteilen wollte oder Fragen mit Gegenfragen beantwortete.
Die Ermittlungen gegen den Ex-Finanzminister spielten natürlich eine zentrale Rolle, vor allem das 500.000-Euro-Investment bei der Hypo, das Grasser für seine Schwiegermutter getätigt haben will, das die Staatsanwaltschaft aber ihm selbst zuschreibt. Da allerdings machte der Zeuge von seinem Recht Gebrauch, angesichts des laufenden Strafverfahrens die Aussage zu verweigern. „Spielverderber“, kommentierte das Neos-Abgeordneter Rainer Hable. „Ich spiele schon seit sieben Jahren das Spiel der Staatsanwaltschaft mit“, konterte Grasser.
Kein Vizekanzler Grasser?
Interessantes Detail in dem Zusammenhang: Grasser bestand darauf, zum Zeitpunkt des Anteilskaufs am 22. Dezember 2006 schon gewusst zu haben, dass er als Finanzminister abtritt. Politische Beobachter wissen aber, dass er bis zum 7. Jänner nicht nur als Finanzminister, sondern auch als ÖVP-Vizekanzler im Gespräch war.
Aber auch abseits des Strafverfahrens spielte Grasser in der Causa Hypo eine zentrale Rolle – und das nicht nur, weil die Neuorganisation der Bankenaufsicht mit Gründung der FMA als unabhängige Behörde auf ihn zurückgeht. Beleuchtet wurde auch Grassers Rolle beim Absetzungsverfahren gegen die FMA-Vorstände im Jahr 2006. Damals hatte die FMA nach den Swap-Verlusten die Hypo-Vorstände zum Rücktritt gezwungen, was heftige Reaktionen in Kärnten hervorrief. Landeshauptmann Jörg Haider protestierte dagegen unter anderem in einem Brief an Grasser. Und die Hypo warf den FMA-Vorständen Gesetzesverletzungen vor.
Dass dies in ein Absetzungsverfahren mündete, bezeichnete FMA-Vorstand Heinrich Traumüller als einer zivilisierten Demokratie nicht würdig. Es sei einmalig, dass sich die Politik gegen eine Aufsichtsbehörde stelle. Grasser erklärte – so wie schon früher Beamte des Ministeriums – die Vorgangsweise sei notwendig gewesen. Die Rechtsabteilung des Ministeriums habe empfohlen, ein Absetzungsverfahren einzuleiten, um die Vorwürfe überprüfen zu können. Man hätte sich der Gefahr des Amtsmissbrauches ausgesetzt, wenn man das Verfahren nicht eingeleitet hätte.
Genau das stimmt so aber nicht, wie SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer am Donnerstag im U-Ausschuss belegen konnte. In den Empfehlungen der Rechtsabteilung heißt es nämlich, dass das Finanzministerium den FMA-Vorstand auffordern solle, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Für ein Absetzungsverfahren bestehe aber „nach dem aktuellen Informationsstand kein Handlungsbedarf“. Grasser blieb trotzdem bei seiner Darstellung – er habe aber selbst auf das Verfahren, das letztlich mit einer Einstellung endete, keinen Einfluss genommen.
Vom Finanzressort gebrieft
Einzigartig in der Geschichte parlamentarischer Untersuchungsausschüsse ist wohl, dass Grasser als ein Zeuge im Vorfeld vom Finanzministerium gebrieft wurde: In einem Brief an Minister Hans Jörg Schelling hatte er darum gebeten, Informationen zu erhalten. Die bekam er – zusammengestellt ausgerechnet von Hans-Georg Kramer, einst einer der wichtigsten Mitarbeiter im Kabinett Grassers, heute Generalsekretär des Ministeriums. (Martin Fritzl)