Gouverneur von Kunduz: Deutschlands Abzug war verfrüht

Afghanische Regierungstruppe auf Wache.
Afghanische Regierungstruppe auf Wache.AFP
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"Sie haben uns alleine gelassen", kritisiert der Gouverneur von Kunduz den Abzug deutscher Truppen vor zwei Jahren. Die Taliban könnten ein US-Flugzeug abgeschossen haben.

Nach der Taliban-Offensive in Kunduz hat der amtierende Gouverneur der Provinz den Abzug der im Rahmen der NATO-Mission für die Region verantwortlichen deutschen Bundeswehr vor zwei Jahren als verfrüht kritisiert. "Wir haben den Deutschen mehrfach gesagt, dass wir sehr besorgt über ihren Abzug sind", sagte Gouverneur Hamdullah Daneshi.

"Wir wussten, dass wir die Lage nicht alleine würden kontrollieren können. Aber sie haben uns alleine gelassen. Die Entscheidung, aus Kunduz abzuziehen, war verfrüht." Die Taliban hatten Kunduz-Stadt am Montag eingenommen. Am Donnerstag hatten Regierungstruppen die Taliban wieder vertrieben.

Taliban-Angriff vorhergesehen

Mit Blick auf die Deutschen sagte Daneschi: "Wir machen sie nicht für den Fall von Kunduz verantwortlich, aber wir sind enttäuscht darüber, dass sie uns alleine gelassen haben. Wir brauchten sie hier, aber sie sind gegangen." Der Gouverneur fügte hinzu: "Wir würden uns sehr wünschen, dass die Deutschen zurückkommen." Die Bundeswehr war vor zwei Jahren aus Kunduz abgezogen. Kunduz war die erste Provinzhauptstadt, die seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 von den Aufständischen erobert wurde.

Daneshi erhob auch Vorwürfe gegen die Zentralregierung von Präsident Ashraf Ghani in Kabul. "Warum hat die Regierung nicht aufgepasst, als wir unsere Sorgen ausgedrückt haben?" Daneshi hatte bereits im April davor gewarnt, die gesamte Provinz Kunduz könne von den Taliban erobert werden. Ghani hatte den bisherigen Gouverneur von Kunduz, Mohammad Omar Safi, während der Gefechte um die Stadt seines Amtes enthoben. Zugleich hatte er Daneshi per Dekret zum amtierenden Gouverneur ernannt. Daneshi war davor zwölf Jahre lang stellvertretender Gouverneur der Provinz Kunduz gewesen.

Taliban: Verantwortlich für Flugzeug-Absturz

Die radikalislamischen Taliban haben nach eigener Darstellung im Osten Afghanistans ein US-Militärflugzeug abgeschossen. Die "Mujaheddin" der Taliban hätten die Transportmaschine vom Typ C-130 in Jalalabad abgeschossen, erklärte der Sprecher der Bewegung, Zabihullah Mujahid, am Freitag. Bei dem Abschuss seien 15 ausländische Soldaten und "eine Reihe" weiterer Streitkräfte getötet worden, hieß es in der Stellungnahme, die der Sprecher im Internetdienst Twitter veröffentlichte.

Zuvor hatte ein US-Militärvertreter erklärt, dass in Jalalabad beim Absturz einer Transportmaschine elf Menschen getötet worden seien, darunter sechs US-Soldaten. Bei den anderen Opfern handelte es sich demnach um zivile Mitarbeiter der NATO-Ausbildungsmission "Resolute Support". Die NATO selbst äußerte sich zunächst nicht zu den Umständen des Absturzes. Die Taliban sind dafür bekannt, bei Angriffen die Zahl der Todesopfer zu hoch anzugeben.

(APA/AFP)

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