Mitgliedstaaten müssen zahlen

Hilfe in Herkunftsländern. EU-Gipfel berät über fehlende Gelder für Afrika, Syrien und die Nachbarstaaten der Krisenländer.

Brüssel. Auf Mitgliedstaaten wie Österreich, die ihre Zusagen zur humanitären Flüchtlingshilfe in den Herkunftsländern nicht eingehalten haben, nimmt der Druck zu. Nach heftiger Kritik von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beriet der EU-Gipfel am Donnerstag über die Bereitstellung der fehlenden Finanzmittel für das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR), für das Welternährungsprogramm sowie für je einen Treuhandfonds für Afrika und für Syrien.

„Es reicht nicht, Versprechen abzugeben, es müssen auch Taten folgen“, kritisierte Juncker die Mitgliedstaaten. Auch Österreich hat bisher sein Versprechen vom jüngsten EU-Gipfel, am 23. September, nicht eingehalten. Noch ist kein Geld geflossen. Bundeskanzler Werner Faymann kündigte in einer Aussendung am Donnerstag an, dass Österreich 30 Millionen Euro beisteuern werde. Allerdings gibt es im aktuellen Budget und in dem eben präsentierten Haushalt für 2016 keine solche Summe. Derzeit wird versucht, einen Teil des Geldes über den um 20 Millionen Euro erhöhten Auslandskatastrophenfonds umzuleiten. Doch zum einen hat das Außenministerium aktuell nur den Zugriff auf fünf Millionen Euro, zum anderen reicht selbst der ganze Fonds nicht dafür aus, die österreichische Ankündigung zu realisieren.

Juncker wies in einer Rede im Europaparlament darauf hin, dass die EU-Institutionen im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten ihre Zusagen bereits eingehalten hätten. So habe die EU-Kommission 500 Millionen Euro zusätzlich für humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt, von den 500 Millionen, die aus den Mitgliedstaaten kommen sollten, seien bisher nur 225 Millionen eingetroffen. Ähnlich sei die Lage bei den Treuhandfonds für Syrien und Afrika. In dem einen Fall seien die Mitgliedstaaten mit 492 Millionen, das andere Mal mit fast der gesamten Summe von 1,8 Milliarden säumig.

Ohne die Gelder der EU fehlen Mittel für die Versorgung und für Bildungseinrichtungen in den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlinge. In der EU-Kommission wird davor gewarnt, dass eine weitere Verzögerung noch mehr Menschen motivieren könnte, zu einer Reise in den Norden aufzubrechen. (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2015)

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