Verdopplung in Frankreich, Rekordergebnis in Deutschland. Österreich lag nicht im Trend: Spitzenfunktionäre halten Voggenhuber-Streit für Beschleuniger der Talfahrt.
WIEN/LINZ. Die Grünen sind im Aufwind: Verdopplung in Frankreich, Rekordergebnis in Deutschland, insgesamt stellen die Grünen künftig als einzige Fraktion mehr Abgeordnete im Europaparlament (von 43 auf 53 Mandate) – trotz Verkleinerung des Plenums.
Anders in Österreich: Hier verlor die Ökopartei 3,4 Prozentpunkte, zittert um das zweite Mandat und liegt auf dem fünften Platz. Was lief schief? Grüne Spitzenfunktionäre sind sich einig, dass die Ursache für die Wahlschlappe in der Partei selbst liegt.
„In Wien sind in diesem Wahlkampf Fehler passiert. Die Vermittlung der grünen Kernthemen hat einfach nicht funktioniert“, sagt Oberösterreichs Grünen-Chef Rudi Anschober. Die sechste verlorene Wahl trifft ihn zur Unzeit: Seit 2003 ist er mit der ÖVP in der Landesregierung und muss im Herbst schon in den nächsten Wettbewerb um Stimmen – am 27. September stehen in Oberösterreich Gemeinderats- und Landtagswahlen an. Beispiele, wie man einen Wahlkampf besser machen könne, gebe es genug, findet Anschober: „Die Berliner Grünen haben den sperrigen Begriff ,Green New Deal‘ auf Plakaten mit ,Wums‘ übersetzt.“ Hierzulande braucht man laut einer jüngsten Studie dagegen Hochschulabschluss, um das Parteiprogramm zu durchblicken.
„Es hätte Mut gebraucht“
Sicherheitssprecher Peter Pilz sieht im mageren Ergebnis die „unnötigste Wahlniederlage der letzten zehn Jahre“. Dabei hätten aus seiner Sicht sowohl die Themenlage als auch die politische Situation in Europa und in Österreich für die Grünen gesprochen. Im Gegensatz zu Pilz, der sich zur Causa vorerst nicht äußert, halten andere Grüne wie Anschober vor allem den Voggenhuber-Streit für einen Beschleuniger der ungebremsten Talfahrt: „Es war von Beginn an eine Fehlentscheidung, Voggenhuber nicht kandidieren zu lassen. Man wäre mit einem Vorzugsstimmenwahlkampf nicht schlecht gefahren, dazu hätte es den Mut gebraucht.“ Weiter geht Anschober nicht: Eva Glawischnig wolle er „keinen Millimeter infrage stellen“. Voggenhuber dagegen hat in ersten Reaktionen die Parteispitze massiv angegriffen.
Aber auch die Salzburger sind verärgert: Hätte man Voggenhuber die Solidaritätskandidatur auf dem letzten Listenplatz ermöglicht, hätte er wie Othmar Karas für die ÖVP zusätzliche Wähler für die eigene Partei mobilisieren können, glaubt Salzburgs Landessprecher Cyriak Schwaighofer: „Aber es gab dafür keine Mehrheit. Wie sagen dann unseren Oberen immer so schön: Die Gremien haben anders entschieden.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2009)