Hypo-Verstaatlichung: Der Sinneswandel des Josef Pröll

Josef Pröll
Josef Pröll(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Hypo Alpe Adria. Zwei Tage vor der Notverstaatlichung war diese für den Finanzminister noch „keine Option“. Nationalbank-Mitarbeiterin Karin Turner-Hrdlicka bestreitet politischen Einfluss bei der Bewertung der Hypo.

Wien. Der Hypo-Untersuchungsausschuss nähert sich seinem eigentlichen Kernthema, der Notverstaatlichung der Bank im Jahr 2009. Und da ist am Donnerstag ein erstaunliches Dokument aufgetaucht: In einer Sitzung im Finanzministerium am 12. Dezember 2009, das war zwei Tage vor der Notverstaatlichung, hat Finanzminister und ÖVP-Chef Josef Pröll laut Protokoll eine Verstaatlichung noch ausgeschlossen.

Eine Komplettübernahme der Hypo sei für den Bund „derzeit keine Option“, zitierte der grüne Abgeordnete Werner Kogler aus dem Papier. Und Pröll hat demnach auch angemerkt, dass die Situation für die Bayern vergleichbar schwierig sei. Genau darauf zielt ja die bisherige Kritik am Finanzminister, geäußert etwa vom Rechnungshof oder der Griss-Kommission: Dass sich Österreich ohne Not unter Druck hat setzen lassen, obwohl eine Insolvenz der Bank auch für die BayernLB zu erheblichen Problemen geführt hätte. Es wird wohl Inhalt der weiteren Untersuchungen sein, was zu dem Sinneswandel zwischen dem 12. und 14. Dezember geführt hat.

Geladen im U-Ausschuss war die Verfasserin des Protokolls, Nationalbank-Mitarbeiterin Karin Turner-Hrdlicka, die aber zu dieser Sitzung wenig Auskünfte geben konnte. Auch nicht zu den Äußerungen ihres Gouverneurs, Ewald Nowotny, der berichtet hatte, dass der damalige EZB-Chef, Jean-Claude Trichet, in Sorge wegen der Situation rund um die Hypo gewesen sei. Nowotny thematisierte auch eine Lastenteilung von 40 zu 60, wobei Österreich 60 Prozent der Lasten hätte tragen sollen. Ob der Vorschlag von Nowotny oder Trichet kam, ist aber nicht klar.

Inhalt der Befragungen am Donnerstag war, wie schon am Vortag, das Partizipationskapital für die Hypo, für dessen Zuteilung die Nationalbank das Institut bewertet hatte. Oder, besser gesagt, eine Bewertung vermieden hat. Anstatt die Bank, wie von der EU-Kommission gefordert, als „sound“ (gesund) oder „distressed“ (notleidend) einzustufen, hatte man eine dritte Kategorie, nämlich „not distressed“ erfunden.

Die Vermutung mancher Abgeordneter: Dafür habe es Interventionen aus dem Finanzministerium gegeben, das zwar die Bewertung „sound“ wollte, die „heiße Kartoffel“ aber der Nationalbank hinüberschieben wollte. Turner-Hrdlicka bestätigte das nicht. Es habe keinen Einfluss von außen gegeben. Die Entscheidung hatte Folgen: Eine Bank, die als „distressed“ eingestuft wird, müsste nicht nur höhere Zinsen zahlen, sondern auch sofort einen Restrukturierungsplan vorlegen.

Das „not distressed“ ist vom Finanzministerium jedenfalls als „sound“ gedeutet worden. Einen Tag nach Fertigstellung des Nationalbankgutachtens wurde im Finanzministerium mit Vertretern der Hypo über das Partizipationskapital verhandelt. Und da wurde – in Anwesenheit von Turner-Hrdlicka – die Hypo unter Berufung auf die Nationalbank als „sound“ bezeichnet. In der Sitzung wurde über die Höhe des Partizipationskapitals gefeilscht. Das Finanzministerium bot 720 Millionen Euro an, die Hypo wollte 1,5 Milliarden. Schließlich schaltete sich Finanzminister Pröll persönlich in den Poker ein – er gestand der Hypo 900 Millionen Euro zu.

Kärnten will Anleihen kaufen

Unterdessen hat das Land Kärnten den gesetzlichen Rahmen für den Rückkauf der Hypo-Anleihen geschaffen. Der Landtag beschloss die Einrichtung eines Fonds, der den Gläubigern ein Angebot machen wird. Mit dem Rückkauf will Kärnten das Problem der Haftungen beseitigen. Zwei Drittel der Gläubiger müssten zustimmen, dann gilt das Angebot für alle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2015)

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