Arbeiterkinder an die Uni, Geld für Gründer und geteilte Roboter

Berater von McKinsey
Berater von McKinsey (c) Stanislav Jenis
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Mit diesen konkreten Initiativen wollen die Berater von McKinsey Österreichs Wirtschaft Flügel verleihen.

Wien. Ideen gibt es genug. Gemeinsam mit heimischen Unternehmensführern haben die Berater von McKinsey Initiativen entwickelt, die rasch umsetzbar wären und Österreichs Wirtschaft voranbringen könnten. Im Folgenden eine kleine Auswahl.


Die schlaue Fabrik. Das Zeitalter der Daten macht auch vor der Industrie nicht halt. „In zwei, drei Jahren passiert jetzt mehr als in 20 davor“, sagt Emanuel Schamp von McKinsey. Maschinen werden intelligenter und lernen, miteinander zu kommunizieren. Schon heute melden sich Anlagen von sich aus, wenn sie eine Wartung brauchen, digitale Lagerhallen bestellen automatisch Ware nach, wenn sich ein Regal leert. Investitionen in die sogenannte Industrie 4.0 sehen viele Experten bereits als den größten Hebel zur Produktivitätssteigerung. Noch größer sind Österreichs Chancen jedoch bei der Entwicklung von Industrie-4.0-Lösungen. Die verarbeitende Industrie in Österreich hinkt hier der Konkurrenz hinterher. Grund dafür ist auch die Unternehmensstruktur im Land. Die heimische Industrie ist viel stärker von Klein- und Mittelunternehmen geprägt als etwa in Deutschland. Diesen fehlt oft schlichtweg das Geld, oder es ist auch gar nicht sinnvoll, hohe Investitionen zu tätigen, weil sie nur für einen bestimmten Zeitraum Zugang zu einer Technologie brauchen. Eine Lösung wäre es, die Infrastruktur für Forschung, Entwicklung und Training zu teilen. Dafür bieten sich gemeinsame Pilotfabriken ebenso an wie sogenannte „fab labs“, in denen Universitäten ihre Labore und ihr Equipment für kleine Unternehmen öffnen.


Gut betreutes Altern. Spontan denken beim Thema Pflege viele: Sie kostet viel, vor allem dem Staat, ist aber nicht wirklich wertschöpfend. Aber das ändert sich rapide. Denn die Menschen werden nicht nur älter, die Alten werden auch viel wohlhabender: Allein schon, weil es um die nächste Generation geht, haben die 75-Jährigen im Jahr 2030 fast doppelt so viel auf der hohen Kante als jene von 2010. Damit sind sie dann auch viel eher in der Lage, eine gute Betreuung aus eigener Tasche zu bezahlen. Da kann es um neue Technologien gehen, wie Alarmsysteme und medizinische Fernüberwachung, die es ihnen erlauben, länger zu Hause zu leben. Oder um luxuriöse Residenzen. Gerade hier sehen die McKinsey-Autoren ein Potenzial für Österreich, vor allem in „altmodischen“ Tourismusregionen wie Bad Ischl oder dem Semmering, die ihre Nöte in Tugenden verwandeln könnten. Im besten Fall entwickelt sich dann die Alpenrepublik, wie schon die spanische Mittelmeerküste, in einen Sehnsuchtsort für deutsche Senioren.

(c) Die Presse


Arbeiterkinder auf die Uni. Der Vergleich macht uns unsicher: In Österreich kommen nur 2,7 Prozent aller Studierenden aus einem Elternhaus, in dem Vater und Mutter nur Pflichtschulabschluss haben. In den Niederlanden sind es über 13 Prozent, also fast fünfmal so viele. Was machen wir in unserem Bildungssystem (oder auch nur durch das Pflegen von Vorurteilen) so falsch? Darüber kann man endlos grübeln oder ewig auf eine große Schulreform hoffen. Oder einfach einmal einen schnellen Impuls setzen wie die Deutschen: Sie haben mit arbeiterkind.de ein Netzwerk von Mentoren geschaffen, das Kinder aus bildungsfernen Familien zum Studium ermutigt: durch Beratung, Stammtische, ehrenamtliches Coaching, Stipendien, Praktikumsplätze in Firmen und geförderte Kredite. Davon haben sich die McKinsey-Berater inspirieren lassen – bei ihnen heißt das Konzept „Selfstarter“.

Mehr Geld für Gründer. Österreich braucht mehr Unternehmer. Dieser Befund ist nicht neu, und der Staat bemüht sich redlich, Jungunternehmer in den ersten beiden Gründerjahren mit teils recht üppigen Förderungen zu unterstützen. Im dritten Jahr ist der Zugang zu Investoren hierzulande aber deutlich schwieriger als anderswo. Das hat zur Folge, dass viele Start-ups (zu) früh verkauft werden. Damit sich das ändert, schlagen die Autoren einen Start-up-Fonds vor, der von Industriebetrieben, Banken und Beratungsunternehmen gespeist werden könnte. Unterstützte Start-ups erhalten zusätzlich zu Kapital Coaching und profitieren vom Netzwerk der beteiligten Unternehmen. Diese haben wiederum die Chance, stärker von Wissensaustausch und Kooperationen mit Unternehmen aus dem digitalen Bereich zu profitieren – und dabei idealerweise auch noch Geld zu verdienen. Abseits der IT-Branche könnte ein Expansionswettbewerb mittelständischen Betrieben den Weg in fremde Märkte ermöglichen. Neben Know-how erhielten die Gewinner dabei von den beteiligten Banken etwa vergünstigte Finanzierungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2015)

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