In der Flüchtlingskrise driftet Europa immer weiter auseinander. Das wird nicht folgenlos bleiben.
Einen Versuch gibt es noch: In intensiven Verhandlungen bei drei aufeinanderfolgenden Treffen werden die EU-Mitgliedstaaten nächste Woche versuchen, die Flüchtlingskrise gemeinsam zu lösen. Die Vorzeichen sind freilich schlecht. Länder wie Polen schicken die zweite Riege zum Afrika-Migrationsgipfel nach Valetta, andere wie Ungarn oder die Slowakei signalisieren seit Monaten ihren Unwillen, sich an der Verteilung von Asylwerbern oder an Kosten zu beteiligen. Österreichs Außenminister, Sebastian Kurz, wies am Freitag auf eine problematische Entwicklung hin, wenn die Anrainerstaaten der Balkanroute – die sich am vorvergangenen Sonntag zu einem eigenen Sondergipfel zusammengesetzt haben – einen Kreis der Betroffenen bilden.
Bald wird es nach den Euroländern auch die Flüchtlingskrisenländer geben, die ihre eigene Gruppe formen. Vielleicht werden sich bald die TTIP- und die Nicht-TTIP-Länder getrennt unterhalten, jeder für sich in seiner Selbsthilfegruppe. Mit einer Gemeinschaft hat das dann nichts mehr zu tun. Die Folge wird sein, dass irgendwann aus lauter unterschiedlichen Interessen auch der gemeinsame Markt zerbricht. Europas Antwort auf den globalen Druck wird ein wirres Geplauder statt eine Stimme sein.
E-Mails an: wolfgang.boehm@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2015)